„Wir haben eine historische Chance, weiterzukommen, und wir müssen alle etwas dafür tun.“
- Der Round-Table ist ein Format, das zvoove in der Regel im Rahmen der zCom durchführt. Doch es gibt Themen, die so bedeutend sind, dass sie nicht bis zum nächsten Branchen-Event warten können, um in einer Expertenrunde besprochen zu werden.
- Die Gründung des neuen Branchenverbandes GVP gehört zweifellos dazu – und da überrascht es wenig, dass der außerplanmäßige, virtuelle Round-Table zu dem Thema großen Anklang fand.
- Rund 220 Teilnehmende schlossen sich an, als zvoove-Gastgeber und Moderator Joshua Kuhnert mit renommierten Branchenexperten über den aktuellen Stand, die Herausforderungen und die Auswirkungen des neuen Verbandes diskutierte.
- Wir haben die zentralen Themen und die wichtigsten Aussagen aus dem Gespräch zusammengefasst.
Zur Expertenrunde des Round-Tables gehörten:
- Dr. Alexander Bissels, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei CMS Hasche Sigle in Köln
- Gerriet Cornelius, geschäftsführender Gesellschafter der DINO Personalservice GmbH, Mitglied der Tarifkommission des iGZ und des Prüfungsausschusses der Handelskammer Hamburg
- Dr. Timm Eifler, Geschäftsführer der hanfried Personaldienstleistungen GmbH, Mitglied der Tarifkommission und des Bundesvorstandes des iGZ
- Johannes Fafenrot, Key Account Manager bei zvoove mit mehrjähriger Erfahrung in der Personaldienstleistung
Warum die Gründung des GVP ein so bedeutender Schritt ist, untermauerte direkt zu Beginn des Gesprächs Dr. Timm Eifler, indem er erläuterte, dass der GVP nicht nur ein Arbeitgeberverband, sondern vielmehr ein Wirtschaftsverband ist. Als solcher wird er alle Themen adressieren, die aktuell und künftig auf der Agenda der Personaldienstleistung stehen – von den Belangen der klassischen Zeitarbeit über die Personalvermittlung bis hin zur Digitalisierung und dem internationalen Recruiting. „Die Liste ist unendlich, und dafür brauchte es eben einen neuen, starken Verband“, erklärte Dr. Eifler und führte fort: „Ich denke, dass alle, die in der Branche am Puls der Zeit sind, gespürt haben, dass die Zeit einfach reif war.“
„Die Zeit war reif, beide Know-how-Träger BAP und iGZ zusammenzuführen und etwas Neues entstehen zu lassen, um alle Herausforderungen, die auf uns zukommen, gut bewältigen zu können.“
Auch Gerriet Cornelius teilte die Einschätzung, dass die Zeit reif für die Entscheidung war. Seiner Ansicht nach gab es jedoch noch einen weiteren Grund, weshalb die Abstimmung dieses Mal im Gegensatz zur ersten Abstimmung vor rund zehn Jahren so reibungslos geklappt hat: „Im Vorfeld haben beide Verbände hervorragende Arbeit geleistet. Alle Fragen, die hätten aufkommen können, wurden bereits vor der Abstimmung geklärt. Dazu gehört ganz klar die Frage ‚Werden die Beiträge ins Unermessliche steigen?‘, aber auch – vor allem aus der Sicht der Mittelständler – ‚Werden uns die Großen schlucken?‘ Und beides ist ganz klar nicht der Fall.“
Neben der guten Aufbereitung aus kommunikativer Sicht hob Dr. Alexander Bissels auch weitere Herausforderungen im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Neugründung hervor: „Es ist durchaus von einer sehr hohen rechtlichen Komplexität beseelt gewesen, denn: Das Ganze nach einem umwandlungsrechtlichen Vorgang in eine neue juristische Person zu verbringen, ist sehr komplex – auch, was etwa die Satzungsgestaltung, das innere Organisationsgefüge und die neue Struktur betrifft. Man muss auch dazu sagen, dass es nicht allzu oft solche Verschmelzungen von Arbeitgeberverbänden gibt, aber auch mit Blick auf die Tarifverträge, die ja nicht gleichlautend sind.“
Mit welchen Entwicklungen ist in Sachen Tarifverhandlung zu rechnen?
Mit dem Stichwort „Tarifverträge“ wurde im Gespräch auch der Blick nach vorne gerichtet. Auf die Frage hin, ob Personaldienstleister nun mit gewissen Hürden zu rechnen haben, zeigte sich Dr. Bissels optimistisch, da sich in Sachen Tarif fürs Erste nichts ändert, sondern die vorhandenen Tarifverträge bestehen bleiben. Doch gleichzeitig betonte der Rechtsexperte auch, dass eine Vereinheitlichung der Regelwerke perspektivisch sinnvoll sei. Darüber hinaus ging er darauf ein, dass die aktuellen Tarifwerke auch schon „ein bisschen in die Jahre gekommen“ sind und sicherlich an der ein oder anderen Stelle optimiert werden können. Übrigens: Eine ähnliche Einschätzung hatte auch BAP-Präsident Sebastian Lazay im arbeitsblog-Interview vor wenigen Wochen gegeben. Als weitaus schwierigeren Part betrachtet Dr. Bissels die Herausforderung, auch die Gewerkschaften mit ins Boot zu holen: „Da wird man sicherlich die eine oder andere Nacht mir den Gewerkschaften zusammensitzen, zumal 2024 die nächste Lohnrunde ansteht. Und hier haben ja zuletzt schon die Verhandlungen in Sachen Inflationsausgleichsprämie gezeigt, dass wir es mit gewissen Verhärtungen zu tun haben.“ Gleichzeitig gibt es aus Sicht des Rechtsanwalts aber auch Hoffnung auf eine positive Entwicklung:
Beide Seiten haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten schließlich sehr vernünftig zusammengearbeitet und ich glaube, dass auch dieses Mal – auch wenn es vielleicht etwas länger dauert – ein Kompromiss erzielt werden kann.
Was sind die nächsten Schritte auf dem Weg zur Neugründung?
Timm Eifler betonte, dass die Arbeit am neuen Verband nun richtig beginnt: „Fest steht: Das letzte Quartal des Jahres wird arbeitsintensiv – auf allen Ebenen. Zum einen wird man sich tarifpolitisch Gedanken machen müssen, wo die Reise hingehen soll. Zum anderen muss eine Struktur festgelegt und im Alltag umgesetzt werden. Die nächsten Schritte werden daher sein, eine größtmögliche Planungssicherheit für die hauptamtlichen Mitarbeitenden herzustellen: Wie werden Teams zusammengesetzt, wie werden neue Strukturen aufgebaut? Hinzu kommt die Herausforderung, dass parallel dazu das Tagesgeschäft weiterläuft und auch Themen wie die tarifpolitischen Einflüsse eine Rolle spielen – und die waren zuletzt, wie Alexander auch schon anmerkte, erstaunlich heftig. Das wird nicht einfach werden, aber das Gute ist, dass sich hier alle einig sind und das Thema bestmöglich voranbringen wollen. Während wir vorher eine geteilte Welt hatten, in der sich jeder mit sich selbst beschäftigte, wird meiner Meinung nach der Zusammenschluss dazu führen, dass wir alle auch stärker aufeinander achten, auf die Branche. Dadurch kommt auch ein Zusammenhörigkeitsgefühl auf, das immens wichtig ist.“
Wir haben eine historische Chance, weiterzukommen, und wir müssen alle etwas dafür tun.
In Zusammenhang mit dem Thema Gewerkschaften ergänzte Gerriet Cornelius, dass die Gewerkschaften ebenfalls einen extrem hohen Druck seitens ihrer Mitglieder erfahren. „Demnächst wird auf jeden Fall ein Gespräch stattfinden, in dem wir erst einmal besprechen, wie wir in Tariffragen weiter vorgehen, wie unsere grundsätzliche Haltung ist und in welche Richtung es gehen soll. Das findet kurzfristig statt, damit wir auf beiden Seiten eine grundsätzliche Sicherheit bekommen, wie es weiter geht.“
Insgesamt blicken die Experten positiv in die Zukunft und betonen, dass die Branche durch den gemeinsamen Verband auch an Stärke gewinnt – vor allem in der Außenwirkung und insbesondere im Hinblick auf die anstehenden Tarifverhandlungen. „Das ist auch die Hauptbotschaft der Abstimmung der Mitglieder beider Verbände: Wir haben als eine Branche zueinander gefunden und das ist der Weg, den wir gehen werden.“
Wir müssen uns nach außen, gerade auch im tarifpolitischen Bereich, klar positionieren und zeigen, was wir wollen – und wo die Grenzen liegen, die wir nicht überschreiten möchten.
Dass es von Vorteil ist, wenn auch Dienstleister für die Branche von Anfang an mit einbezogen werden, zeigte Johannes Fafenrot auf. „Als Softwareanbieter ist es für uns besonders wichtig, von Anfang an mit an Bord zu sein. Wir haben bei zvoove bereits Ressourcen für den Fall eines neuen Tarifabschlusses geblockt und werden dieses Thema und die nötigen Anpassungen, wenn es soweit ist, mit absoluter Priorität behandeln. Wir müssen uns logischerweise auf Eventualitäten vorbereiten – und das tun wir auch.“
Wir sind gespannt, wie es in Sachen Verbandsneugründung weitergeht – und halten Sie auch weiterhin auf dem Laufenden. Interessierte können die Aufzeichnung des zvoove Round-Tables hier kostenlos anfordern: https://zvoove.com/webinare-whitepaper/experten-talk-gvp-personaldienstleistungs-branche