08.08.2024

Von Schriftform zu Textform: Das ist der aktuelle Stand

  • Groß war die Begeisterung innerhalb der Zeitarbeitsbranche, als im Frühjahr die lange geforderte Umstellung von Schrift- auf Textform in der Arbeitnehmerüberlassung angekündigt wurde. In sozialen Netzwerken wie LinkedIn gab es kaum ein anderes Thema.
  • Doch dann wurden erste enttäuschte Stimmen laut: Ja, aber die Aufhebung des Schriftformgebots lässt auf sich warten. Ja, aber der Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen bedarf weiterhin der Schriftform. Ja, aber das alles gilt nicht bei befristeten Verträgen.
  • An all diesen Stellschrauben wurde mittlerweile gedreht. Doch was ist der aktuelle Stand? Und worauf sollten sich Personaldienstleister einstellen? Wir haben die wichtigsten Entwicklungen zusammengefasst.

Mit der geplanten Änderung – weg von der Schriftform hin zur Textform bei Arbeitsverträgen – steht die Zeitarbeitsbranche vor bedeutenden regulatorischen Änderungen.

Das ist bis jetzt passiert

Bundeskabinett beschließt Ersetzung der Schriftform: Am 21. März 2024 hat das Bundesministerium der Justiz angekündigt, dass im Rahmen des Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes (BEG IV) die Schriftform für Arbeitnehmerüberlassungsverträge durch die Textform ersetzt werden soll. Mitte Mai wurde dieser Schritt dann auch vom Bundeskabinett bestätigt. Mitte Juni wurden die entsprechenden Formulierungshilfen verabschiedet, bevor der Entwurf zur weiteren Abstimmung an den Bundestag und Bundesrat weitergegeben wurde.

Parlamentarisches Verfahren läuft: Die weiteren Schritte lassen noch auf sich warten. Ende Juni wurde erwartet, dass der Bundestag das Gesetz in der Sitzung am 26. Juni in zweiter und dritter Lesung beschließt. Im Sitzungsverlauf für diesen Tag ist auf der Bundestagswebsite das Thema allerdings nicht aufgeführt.

So geht es nun weiter

Im Anschluss an die zweite und dritte Lesung im Bundestag muss noch der Bundesrat das BEG IV verabschieden – voraussichtlich nach der parlamentarischen Sommerpause, als möglicher Termin wurde in den vergangenen Wochen der 27. September genannt. Für die Praxis bedeutet dies, dass das Gesetz frühestens am 1. Januar 2025 in Kraft treten könnte. Über das Timing und die Abläufe im Hintergrund haben sich Podcaster Daniel Müller und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Alexander Bissels bereits im Podcast „Liebe Zeitarbeit“ ausgetauscht.

Die geplante Änderung soll die Bürokratie erheblich reduzieren. Einer Schätzung des Bundesministeriums der Justiz zufolge kann die deutsche Wirtschaft allein durch diese Änderung bis zu 30 Millionen Euro jährlich einsparen. Besonders kleine und mittelständische Unternehmen profitieren demnach von der Möglichkeit, Verträge in Textform abzuschließen.

Häufige Fragen

Was gilt es bei befristeten Verträgen zu beachten? Hier gilt weiterhin die Schriftform. Wird dagegen verstoßen, ist die Befristung ungültig und der Vertrag gilt als unbefristet.

Wie sieht es bei der Befristung im Zusammenhang mit dem Renteneintritt aus? Das Bundesarbeitsgericht (BAG) wertet das Beenden eines Arbeitsvertrages beim Erreichen des Renteneintrittsalters als Befristung und fordert hier entsprechend die Schriftform. Mit der Gesetzesänderung wird nun auf den Weg gebracht, dass in diesem Ausnahmefall die Textform ausreicht – Personaldienstleister können also mit einer Entlastung rechnen.

Wie verhält es sich mit dem Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen? Hier soll künftig auch die Textform reichen, sofern folgende Anforderungen erfüllt sind:

  • Das Dokument ist für den Arbeitnehmenden zugänglich und es kann gespeichert bzw. ausgedruckt werden.
  • Der Arbeitgeber fordert den Arbeitnehmenden auf, einen Empfangsnachweis zu erteilen.
  • Der Arbeitnehmende hat das Recht, einen Nachweis in Schriftform zu verlangen. Der  Anspruch beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis endet, zu verjähren.

Eine Ausnahme gibt es von der Regelung: In Branchen, die in § 2a SchwarzArbG angeführt sind, gilt weiterhin die Schriftform. Dazu zählen unter anderem das Baugewerbe, das Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe, das Personenbeförderungsgewerbe, das Speditions-, Transport- und Logistikgewerbeoder auch das Gebäudereinigungsgewerbe.

Fazit: Eine positive Entwicklung für die Zeitarbeitsbranche

Die geplanten Änderungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und Nachweisgesetz sind aus unserer Sicht ein Schritt in die richtige Richtung. Die Ersetzung der Schriftform durch die Textform stellt eine längst überfällige Modernisierung dar, die den administrativen Aufwand erheblich reduziert und gleichzeitig den Anforderungen einer zunehmend digitalen Arbeitswelt gerecht wird. Die Neuerung bringt unter anderem folgende Vorteile mit sich:

Bürokratieabbau: Die Möglichkeit, Überlassungsverträge per E-Mail abzuschließen, wird besonders kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) zugutekommen. Diese Unternehmen sind stärker von administrativen Hürden betroffen, da ihnen oftmals die Ressourcen fehlen, um komplexe bürokratische Prozesse effizient zu bewältigen. Die neue Regelung könnte insofern die Wettbewerbsfähigkeit der KMU stärken.

Flexibilität und Effizienz: Die Änderungen fördern zudem die Flexibilität und Effizienz im Arbeitsmarkt. In einer Zeit, in der Remote-Arbeit und digitale Kommunikation an Bedeutung gewinnen, ist die Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen an die Realität des modernen Arbeitslebens ein notwendiger Schritt. Wichtig ist, dass die eigenen Mitarbeitenden entsprechend geschult und sichere Systeme zur Übermittlung und Speicherung von Vertragsdokumenten implementiert werden. Auch die Frage, wie der Empfangsnachweis in der Praxis sichergestellt werden kann, ist nicht trivial und bedarf einer sorgfältigen Umsetzung.

 

Kontakt

0911974780 info@kontext.com