Schriftform und analoge Abläufe: In welchem Jahrhundert leben wir?
- Das Postgesetz soll angepasst werden. Nach Angaben des Ministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz soll die Novelle für mehr Transparenz und eine nachhaltige Versorgung sorgen.
- Als wichtiger Teil der Reform sollen bestehende digitale Services ausgebaut und neue eingeführt werden.
- Selbst die Post passt sich also der Digitalisierung an – und wie sieht es mit der Zeitarbeit aus? Im Blogbeitrag ordnet Marco Schmidt, Geschäftsführer von stazzle und Experte für Digitalisierung, die aktuelle Situation ein.
Bei der Post geht es rund – und das nicht erst seit gestern. Allein im Oktober und November 2022 gab es mehr als 17.000 Beschwerden von Menschen, deren Briefe zu spät oder gar nicht angekommen sind. 17.000 Menschen, die auf Rechnungen, Steuerbescheide, Stromabrechnungen – oder vielleicht auf ihren Arbeitsvertrag gewartet haben.
Gleichzeitig schießen die Portokosten immer weiter in die Höhe, was zu einer stetig höheren Belastung für Kundinnen und Kunden führt – insbesondere für Unternehmen, bei denen der Versand von Unterlagen per Post an der Tagesordnung steht. Bereits 2022 stiegen die Preise für Großbriefe auf 1,60 €.
Und es ist abzusehen, dass Briefsendungen auch in den kommenden Jahren unweigerlich immer teurer werden. Denn die Deutsche Post hat nicht nur mit verärgerten Kundinnen und Kunden zu tun, sondern auch mit unzufriedenen Mitarbeitenden: Die Briefzustellerinnen und -zusteller, die ein immer höheres Arbeitsaufkommen bewältigen müssen und kontinuierlich mit dem Vorwurf konfrontiert werden, sie seien dabei zu langsam. Hinzu kommen weitere Faktoren, die immer häufiger für Streiks und Proteste sorgen. Im Wettbewerb mit privaten Versandanbietern muss die Deutsche Post den nächsten Schritt machen, ihre Mitarbeitenden entlasten und das Geschäftsmodell weiterentwickeln. Diese Transformation wird zu den eben genannten weiteren Preiserhöhungen führen.
„Selbst die Post will sich den neuen Anforderungen anpassen und mit der Digitalisierung mitgehen – aber in der Zeitarbeit gilt noch das Schriftformerfordernis! Spätestens jetzt kommt unweigerlich eine Frage auf: In welchem Jahrhundert leben wir eigentlich?“
Was hat das eigentlich mit der Personaldienstleistung zu tun?
Wie genau hängen die Probleme der Deutschen Post mit der Zeitarbeit zusammen, werden Sie sich sicherlich nun fragen. Es gibt eine Verbindung. Um diese herzustellen, müssen wir uns einige Schlagzeilen aus den vergangenen Wochen ansehen:
„Post: Kann der Briefversand künftig länger dauern?“, fragt das Redaktionsnetzwerk Deutschland.
„Deutsche Post: Landen Briefe bald in der Packstation?“, heißt es bei Computerbild.
„Die Post will nicht mehr täglich liefern“, verkündet Focus Online – und mutmaßt weiter: „Die Deutsche Post plant offenbar einen radikalen Umbau. Laut Medienbericht könnte die Universaldienstleistung in absehbarer Zeit wegfallen.“
Worum genau geht es hier? Kurz zusammengefasst: Es ist eine Novelle des Bundespostgesetzes geplant, die zu weitreichenden Änderungen bei der Briefzustellung führen kann. Ende Januar veröffentlichte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) einige Eckpunkte rund um die Neuausrichtung der Postdienstleistungen, die nach eigenen Angaben höhere Transparenz und eine nachhaltige Versorgung sicherstellen sollen. Unter anderem ist geplant, die Fristvorgaben für die Zustellung von Briefen zu verlängern. Dafür soll allerdings auch die Verbindlichkeit der Zustellung innerhalb der vorgegebenen Zeit erhöht werden. Darüber hinaus sollen neue digitale Dienstleistungen eingeführt werden.
Die Bedürfnisse der digitalen Gesellschaft
Vor allem eine Anmerkung aus den Erläuterungen auf der BMWK-Website ist besonders interessant. Dort heißt es:
„Die postalische Grundversorgung – der sog. Universaldienst – soll sich stärker an den Bedürfnissen einer zunehmend digitalen Gesellschaft orientieren. Angesichts digitaler Nachrichtenformate, die eine Kommunikation in Echtzeit ermöglichen, hat die Geschwindigkeit des Briefes an Bedeutung verloren.“
Selbst die Post will sich den neuen Anforderungen anpassen und mit der Digitalisierung mitgehen – aber in der Zeitarbeit gilt noch das Schriftformerfordernis! Spätestens jetzt kommt unweigerlich eine Frage auf: In welchem Jahrhundert leben wir eigentlich?
„Nutzen Sie die qualifizierte elektronische Signatur? Und wenn nicht, woran liegt das? In welchem Jahrhundert wollen Sie leben?“
Ist die Schriftform schon längst antiquiert?
Die Schriftform ist in der Tat ein Überbleibsel längst vergangener Zeiten. Bereits seit Längerem fordert die Branche deren Abschaffung – schließlich ist die Textform in allen anderen Bereichen mittlerweile Standard, auch für Arbeitsverträge. Sowohl der iGZ als auch der BAP setzen sich seit Jahren für die Abschaffung der Schriftformerfordernis ein, die nicht zum digitalen Zeitalter passt.
Die gute Nachricht ist: Die Branche muss nicht auf die Politik warten, sondern kann selbst aktiv werden, um Abläufe digitaler (und damit effizienter) zu gestalten. Denn: Der Gesetzgeber schreibt zwar die Schriftform vor – schließt jedoch die elektronische Form nicht aus. Was nach einem Widerspruch klingt, lässt sich einfach begründen: Abhilfe schafft die qualifizierte elektronische Signatur (QES). Dabei handelt es sich um den höchsten Signatur-Standard, der im Gegensatz zur einfachen elektronischen Signatur (EES) und der fortgeschrittenen elektronischen Signatur (FES) den höchsten Anforderungen gerecht wird. Dazu gehören unter anderem spezielle Verschlüsselungsverfahren und eine Identitätsprüfung von zertifizierten Stellen. Damit ist die QES der handschriftlichen Signatur gleichgestellt. Darüber hinaus bietet sie weitere Vorteile:
- Die qualifizierte elektronische Signatur ist fälschungssicher.
- Damit lassen sich Vorgänge innerhalb weniger Minuten abwickeln, ganz ohne Verzögerung aufgrund etwa von Postversand.
- Die elektronische Signatur verfügt über einen Zeitstempel. Damit lässt sich nicht nur das Datum der Unterzeichnung bestimmen, sondern auch die genaue Uhrzeit. Das ist vor allem dann wichtig, wenn nachgewiesen werden muss, dass ein Vertrag vor Einsatzbeginn unterschrieben wurde.
- Die Standardisierung mithilfe der qualifizierten elektronischen Signatur sorgt für Rechtssicherheit.
Diesen Mehrwert sollten Personaldienstleister für sich nutzen!
Und damit schließe ich meinen Beitrag mit einer direkten Frage ab, die an Sie geht, liebe Leserinnen und Leser: Nutzen Sie die qualifizierte elektronische Signatur schon? Und wenn nicht, woran liegt das? In welchem Jahrhundert wollen Sie leben?
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Marco Schmidt
Marco Schmidt ist Gründer und Geschäftsführer der Plattform stazzle. Er kennt die Branche Personaldienstleistung seit über 15 Jahren aus verschiedenen Blickwinkeln und berät unter anderem TOP 10 Unternehmen auf ihrem Weg zu nachhaltig effizienten Prozessen mit ihren Kunden und einem digitalen Zeitgeist.