Qualifizierungsoffensive dringend notwendig
- Der Fachkräftemangel macht sich nach wie vor in so gut wie allen Branchen bemerkbar. Aktuellen Studien zufolge macht vor allem die fehlende Qualifikation potenzieller Mitarbeitender den Unternehmen zu schaffen. Auch Personaldienstleister suchen händeringend gut ausgebildetes Fachpersonal für ihre Kunden.
- Eine wirkungsvolle Strategie dabei kann die Aus- und Weiterbildung von Bewerberinnen und Bewerbern sein, wie auch Marktforschungsinstitute wie Lünendonk bestätigen.
- Wie kann die Qualifizierung der Mitarbeitenden von heute und morgen gelingen? Ein vielversprechendes Konzept ist das Drei-Stufen-Qualifizierungsmodell, das vom Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) ins Leben gerufen wurde.
Der Fachkräftemangel wirkt sich mittlerweile auf die verschiedensten Branchen aus und erfordert dringenden Handlungsbedarf. Laut einer Studie des Instituts für deutsche Wirtschaft Köln (IW) fehlten in Deutschland über alle Berufsgruppen hinweg zwischen Juli 2021 und Juli 2022 mehr als eine halbe Million, nämlich 537.923 Fachkräfte. Die Prognosen für die kommenden Jahre sehen ebenfalls düster aus: Laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wird die Zahl der Erwerbsfähigen bis zum Jahr 2035 um weitere sieben Millionen Menschen sinken.
Hinzu kommt die schnell voranschreitende technologische Entwicklung, mit der Mitarbeitende Schritt halten müssen. Rund 95 Prozent der Personalerinnen und Personaler sehen die Bewältigung von Qualifikationslücken derzeit als ihre wichtigste Aufgabe. Das geht aus einer aktuellen Studie der Fosway Group hervor, die vom HR-Software-Anbieter Cegid in Auftrag gegeben wurde. Auch Untersuchungen von führenden Marktforschungsunternehmen wie Lünendonk bestätigen die zentrale Rolle, die Aus- und Weiterbildung aktuell sowie künftig einnehmen. Hierzu haben wir im arbeitsblog-Interview mit Lena Singer und Thomas Ball von Lünendonk gesprochen.
Qualifizierungsoffensive nötiger denn je
Bereits beim Arbeitgebertag Zeitarbeit des BAP im vergangenen Jahr betonte die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA) Andrea Nahles, dass es den perfekten Bewerber immer seltener gebe, sodass Learning on the Job zunehmend an Bedeutung gewinne. Vor diesem Hintergrund offenbart sich die Notwendigkeit einer gezielten Qualifizierungsoffensive.
Dass gerade Personaldienstleistungsunternehmen an der Schnittstelle zwischen Mitarbeitenden und Unternehmen Weiterbildungsmaßnahmen erfolgversprechend einsetzen können, das hat bereits der Personaldienstleister add-on erkannt und gemeinsam mit der Agentur für Arbeit Nürnberg sowie der Stiftung flexible Arbeitswelt einen kooperativen Verbund aufgestellt. Im arbeitsblog-Interview mit Marc Schüpferling und Helmut Stangl von der add-on Gruppe erfahren Sie mehr über die Details des Projekts.
Auch ein weiteres Projekt untermauert, wie zukunftsorientiert die Personaldienstleistung aufgestellt ist: Der Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) hat das sogenannte Drei-Stufen-Qualifizierungsmodell ins Leben gerufen. Damit wird Zeitarbeitskräften ohne abgeschlossene Berufsausbildung die Möglichkeit geboten, sich in den Bereichen Lager und Logistik, Maschinen- und Anlagenführung sowie Dialogmarketing berufsbegleitend weiterzubilden. In den vergangenen Jahren hat sich das Modell bewährt und wurde zuletzt beim Arbeitgebertag Zeitarbeit von Andrea Nahles als gelungenes Beispiel, wie man Menschen zu einem Berufsabschluss verhelfen kann, hervorgehoben.
In drei Schritten von der Hilfs- zur Fachkraft
Der Name des Konzepts leitet sich von den drei unterschiedlichen Qualifikationsstufen ab, die Arbeitskräfte absolvieren müssen, um einen anerkannten Berufsabschluss zu erwerben. Bei den ersten beiden Stufen – „Fachhelfer/in“ und „Fachassistent/in“ – arbeitet der BAP mit dem TÜV Rheinland zusammen. Als dritte Stufe können die Arbeitskräfte eine Externenprüfung bei einer Industrie- und Handelskammer oder bei einer Handwerkskammer ablegen. Damit erlangen sie den Abschluss „Fachkraft“. Sobald sie eine Stufe absolviert haben, erhalten die Teilnehmenden ein Zertifikat mit dem Nachweis ihrer erworbenen Kenntnisse und Kompetenzen.
Die praktischen Erfahrungen, die Zeitarbeitskräfte in ihrem Berufsalltag sammeln, dienen als Ausgangslage für das Qualifizierungsmodell. Ergänzt wird diese Praxis von theoretischem Wissen, welches gleichzeitig Voraussetzung fürs Ablegen der Abschlussprüfung ist. Dieses Wissen wird über die eigens vom BAP entwickelte eLearning-Plattform ZetQ vermittelt. So können weiterbildungsfreudige Arbeitskräfte zeit- und ortsunabhängig in Eigenregie ihre Qualifikation erlangen. Lediglich eine Online-Registrierung ihres Arbeitgebers ist notwendig. Für Mitgliedsunternehmen des BAP ist die Qualifizierung ihrer Zeitarbeitskräfte kostenfrei.
Fazit
Das berufsbegleitende Drei-Stufen-Qualifizierungsmodell kommt nicht nur dem Wunsch vieler Arbeitskräfte nach Weiterbildung nach, sondern schließt auch einige der Lücken, die durch den Fachkräftemangel entstehen. Somit handelt es sich dabei um einen vielversprechenden Lösungsansatz, um aktuellen sowie zukünftigen Herausforderungen effektiv entgegenzuwirken. Besonders positiv hervorzuheben ist aus unserer Sicht, dass auch die erste sowie zweite Stufe zertifiziert werden. Dadurch haben Arbeitskräfte stets einen Nachweis über neu erworbene Kompetenzen, auch im Falle des Nichtbestehens der darauffolgenden Stufe.
Eine Weiterentwicklung des Drei-Stufen-Qualifizierungsmodells sowie der Qualifizierungsoffensive Personaldienstleister der add-on Gruppe – und darüber hinaus die Konzeption neuer Projekte zur Aus- und Weiterbildung von Arbeitskräften – werden der Personaldienstleistung dazu verhelfen, ihre Position als wichtiges Bindeglied zwischen Arbeitgebern und Mitarbeitenden zusätzlich zu stärken.