28.09.2021 Redaktion arbeitsblog

Kommt jetzt die Ampel?

  • Deutschland hat gewählt – doch viel schlauer sind wir auch heute, am 28. September noch nicht. Denn noch ist nicht sicher, dass die SPD eine Regierung unter Olaf Scholz bilden kann, und Armin Laschet scheint seine Kanzlerpläne noch lange nicht aufgegeben zu haben.
  • Wovon wir mit ziemlicher Sicherheit ausgehen können: Es wird keine Große Koalition geben. Somit gibt es nach dieser Wahl zwei Königsmacher: Die Grünen und die FDP können entscheidend mitbestimmen, ob wir letztendlich die Ampel oder doch eine Jamaika-Koalition bekommen.
  • Welche Auswirkungen hätten beide Varianten auf die Zeitarbeit? Und ist es bereits abzusehen, welche Partei jeweils das Arbeitsministerium beanspruchen könnte?

Nach der Wahl ist vor den Verhandlungen. Auch wenn am Sonntag eine erste Entscheidung gefallen ist, so ist der Ausgang der Wahl noch alles andere als klar. Sowohl Olaf Scholz als auch Armin Laschet sehen einen „klaren Regierungsauftrag“ bei ihrer eigenen Fraktion und wollen mit den Grünen und der FDP ins Gespräch kommen. Die Ergebnisse dieser Verhandlungen werden entscheidend sein.

So haben die Menschen in Deutschland gewählt

Bereits im Laufe des Abends zeichnete sich am Sonntag ab, dass die SPD vor der Union liegt, wenn auch knapp. Auch nach Auszählung der Briefwahl änderte sich nichts an der Positionierung:

  • SPD: 25,7 %
  • CDU/CSU: 24,1 %
  • Die Grünen: 14,8 %
  • FDP: 11,5 %
  • AfD: 10,3 %
  • Die Linke: 4,9 %
  • Sonstige Parteien: 8,7 %

(Stand: 28.09.2021, Quelle: https://www.tagesschau.de/wahl/archiv/2021-09-26-BT-DE/index.shtml)


Bei allen Ungewissheiten ist mit diesem Ergebnis zumindest eines klar: Eine rot-rot-grüne Koalition wird es nicht geben. Die Linke ist an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Da sie drei Direktmandate gewonnen hat, zieht sie gemäß Grundmandatsklausel dennoch in den Bundestag ein – allerdings würde ein Bündnis mit SPD und den Grünen nicht die erforderliche Mehrheit der Sitze erreichen.

Welche Koalitionen hätten eine Mehrheit im Parlament?

Auf ihrer Bundestagswahl-Seite hat die Tagesschau einen interaktiven Koalitionsrechner integriert, über den sich verschiedene Kombinationen mit wenigen Klicks „durchspielen“ lassen. Da keine der anderen Parteien eine Regierung mit der AfD bilden möchte, sind derzeit folgende weiteren Varianten möglich:

  • Große Koalition: Die SPD und die Union hätten gemeinsam 402 Sitze und somit mehr als die erforderlichen 368. Allerdings spricht sich eine Mehrheit der Wähler gegen eine Fortführung der Großen Koalition aus, weswegen sie derzeit ausgeschlossen werden kann. Das gilt auch für die weiteren Varianten mit schwarz-roter Beteiligung (schwarz-rot-grün bzw. schwarz-rot-gelb).
  • Ampel-Koalition: Gemeinsam mit den Grünen und der FDP erreicht die SPD 416 Sitze.
  • Jamaika-Koalition: Sollten die geplanten Gespräche zwischen SPD, FDP und Grünen nicht mit einem Konsens enden, besteht weiterhin die Möglichkeit, dass die Sozialdemokraten nicht an der Bildung einer Regierung beteiligt sind – denn auch ein Bündnis der CDU/CSU mit der FDP und den Grünen würde die erforderliche Mehrheit erreichen. Nach aktuellem Stand käme diese Koalition auf 406 Sitze im neuen Parlament.

Ministerposten: Wer kommt infrage?

Über die mögliche Verteilung der Ministerposten noch vor der Bildung einer Regierung zu sprechen, ist natürlich etwas verfrüht. Dennoch gibt es bis jetzt zumindest bei einigen Posten klare Ansprüche seitens der Parteien. So hat die FDP bereits eindeutig erklärt, dass sie das Finanzministerium bei sich sehen. Genauso ist das Umweltministerium das erklärte Ziel der Grünen.

1. Mögliche Besetzung der Posten bei einer Ampel-Koalition

Auch wenn es noch nicht in Stein gemeißelt ist – gehen wir davon aus, dass sowohl die FDP als auch die Grünen an der neuen Regierung beteiligt sein werden. In diesem Fall wird Christian Lindner als Hauptkandidat für das Amt des Finanzministers gehandelt. Es ist zwar bekannt, dass auch Robert Habeck diesen Posten gerne hätte, doch mit dem FDP-Chef hätte er einen harten Konkurrenten. Wahrscheinlicher ist, dass Habeck oder Annalena Baerbock bei einer Ampel-Koalition das Amt des Umweltministers bekleiden. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland sieht Baerbock alternativ auch als heiße Kandidatin für das Außenamt. FDP-Politiker Volker Wissing wird als möglicher Wirtschaftsminister ins Gespräch gebracht.

Für die Zeitarbeit ist natürlich vor allem die Frage relevant, wer ins Ministerium für Arbeit und Soziales einzieht. In einer rot-gelb-grünen Regierung wird das Amt sehr wahrscheinlich bei Hubertus Heil und damit der SPD verbleiben. Heil gilt als eines der erfolgreichsten Regierungsmitglieder bislang und hat zudem mit dem Instrument der Kurzarbeit für mehr Stabilität während der Corona-Krise gesorgt. Klar ist zudem auch, dass die SPD auf keinen Fall auf das Arbeitsministerium verzichten möchte – gerade, falls Wirtschafts- und Finanzministerium an die FDP gehen. Alternativ käme nach derzeitigen Erkenntnissen auch die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt infrage. In beiden Fällen dürfte sich die Zeitarbeitsbranche auf weitere Regulierungen einstellen – Equal Pay ab Tag eins wird beispielsweise sowohl von der SPD als auch von den Grünen gefordert.

2. Mögliche Besetzung der Posten bei einer Jamaika-Koalition

Sollte es zu einer schwarz-gelb-grünen Koalition kommen, werden die Karten wiederum neu gemischt. Zwar dürften auch in diesem Fall das Finanzministerium an Christian Lindner und das Umweltministerium an Robert Habeck oder einen weiteren Vertreter der Grünen gehen. Doch für das Wirtschaftsministerium wird beispielsweise Friedrich Merz infrage kommen. Ein mögliches Ministerium für Digitalisierung, wie es von der FDP gewünscht ist, könnte von den Liberalen, aber auch von der Union besetzt werden. In diesem Zusammenhang wird des Öfteren die Staatssekretärin für Digitalisierung Dorothee Bär genannt.

Noch unklar ist, wer bei dieser Konstellation das Arbeitsministerium übernehmen würde. Für die Zeitarbeit unvorteilhaft wäre eine Besetzung des Amtes durch die Grünen, etwa wie bereits erwähnt durch Katrin Göring-Eckardt. Nicht auszuschließen ist allerdings auch, dass die Union den Posten für sich beansprucht. Hier bleibt es für die Zeitarbeit also weiterhin spannend.

Wie schätzen Branchenexperten die Absichten der Parteien ein? Sehen Sie sich im Podcast an, wie Edgar Schröder, Dr. Alexander Bissels, Werner Stolz und Florian Swyter kurz vor der Wahl die Lage bewertet haben: Hier geht’s zu unserer Themenseite inklusive Podcasts.

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