08.10.2024

Innovations-Booster für die Zeitarbeitsbranche: Zukünftig Text- statt Schriftform

  • Der Bundestag hat am 26. September 2024 das Bürokratieentlastungsgesetz (BEG) IV mehrheitlich beschlossen. 
  • Was sind die nächsten Schritte? Welche Hürden muss das BEG IV noch nehmen? Und was müssen Personaldienstleister beachten?
  • Im aktuellen Blogbeitrag ordnet Branchenexperte Edgar Schröder die neuesten Entwicklungen ein.

Nach dem Beschluss des Bundestages muss nun der Bundesrat dem Gesetzespaket bestehend aus 74 Artikeln zustimmen. Gemäß Artikel 74 sollen die Gesetzesänderungen im Nachweis- sowie Arbeitnehmerüberlassungsgesetz am ersten Tag des auf die Verkündung im Bundesgesetzblatt folgende Quartal in Kraft treten. Würde der Bundesrat beispielsweise im Oktober oder November 2024 dem Gesetzespaket seine Zustimmung erteilen und die Gesetzesänderungen danach im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden, wäre demzufolge das Datum des Inkrafttretens der 1. Januar 2025.

Der zukünftige Gesetzestext des § 12 Absatz 1 Satz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz wird folgendermaßen lauten:

1Der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Entleiher bedarf der Textform.“

Dazu wird in der Bundestags-Drucksache 20/13015 vom 25. September 2024 folgendes ausgeführt:

In § 12 Absatz 1 Satz 1 AÜG wird die Schriftform durch die Textform als Mindestanforderung ersetzt. Bereits heute kann die schriftliche durch die elektronische Form, nämlich die qualifizierte elektronische Signatur (§ 126a BGB), ersetzt werden. Künftig sollen für solche Vertragsschlüsse durch die Mindestanforderung Textform für Ver- und Entleiher Aufwand und Kosten weiter reduziert werden können. Mit der Änderung können Überlassungsverträge zukünftig zum Beispiel per E-Mail abgeschlossen werden. Dies stellt insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen eine deutliche Erleichterung dar.

Edgar Schröder

Achtung!

Die vorgesehenen Änderungen im arbeitsrechtlichen Nachweisgesetz (NachwG) über die wesentlichen Vertragsbedingungen sind dagegen komplizierter „gestrickt“.

Die „Regeländerungen“ zur zukünftigen Textform der sogenannten Niederschrift und deren elektronische Übermittlung in § 2 Absatz 1 NachwG werden wie folgt erläutert, auszugsweise Wiedergabe:

„§ 2 Absatz 1 Satz 2 NachwG-E regelt eine Formerweiterung im Nachweisgesetz, die es Arbeitgebern ermöglicht, die Niederschrift der wesentlichen Vertragsbedingungen anstelle der schriftlichen Niederlegung und Aushändigung nach Satz 1 unter den im Gesetz geregelten näheren Voraussetzungen alternativ auch in Textform (§ 126b BGB) abzufassen und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern elektronisch zu übermitteln.

Die Übermittlung muss individuell an die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer erfolgen; eine allgemeine Bekanntmachung reicht nicht aus. Gemäß den Vorgaben des Artikel 3 Satz 2 der Richtlinie (EU) 2019/1152 vom 20. Juni 2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union (Arbeitsbedingungenrichtlinie) muss bei elektronischer Übermittlung das Dokument für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum einen zugänglich sein sowie gespeichert und ausgedruckt werden können. Für die Zugänglichmachung ist dabei insbesondere erforderlich, dass auf Seiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein elektronischer Übermittlungsweg eröffnet ist und sie auf das Dokument uneingeschränkt Zugriff nehmen können. In Umsetzung der Vorgaben des Artikel 3 Satz 2 der Arbeitsbedingungenrichtlinie muss der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer mit der Übermittlung zum anderen auffordern, einen auf die übermittelte Niederschrift bezogenen Empfangsnachweis zu erteilen. Dieses Kriterium soll den bereits nach allgemeinen Regeln erforderlichen Zugang des Nachweises bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vor dem Hintergrund möglicher Unsicherheiten bei der elektronischen Übermittlung zusätzlich absichern.

Im Hinblick auf den hohen Beweiswert des Nachweises der wesentlichen Vertragsbedingungen im arbeitsgerichtlichen Verfahren haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Falle der Erteilung in Textform nach Satz 2 zusätzlich einen Anspruch auf Erteilung des Nachweises in Schriftform auf ihr Verlangen (§ 2 Absatz 1 Satz 3 in Verbindung mit Satz 1 und 8 NachwG, § 126 BGB). Das Gleiche gilt nach Satz 4 bei einem entgegen der gesetzlichen Verpflichtung nicht erteilten Nachweis, um im Streitfall den erforderlichen zeitnahen Zugriff auf den schriftlichen Nachweis zu ermöglichen. Dies umfasst nach § 11 Absatz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) auch die sich aus § 11 Absatz 1 Satz 2 AÜG ergebenden zusätzlichen Angaben. Der schriftliche Nachweis muss auf das arbeitnehmerseitige Verlangen hin unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, und unter Hinweis auf den Geltungsbeginn der wesentlichen Vertragsbedingungen erteilt werden…“

Sektorale / branchenspezifische Ausgrenzung!

Für alle Arbeitnehmende, die in einem Wirtschaftsbereich bzw. Wirtschaftszweig nach § 2a Absatz 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz tätig sind, soll unverändert das Schriftformerfordernis gelten.

Unter der Nr. 4 dieser Rechtsnorm wird der Wirtschaftssektor des Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbes gelistet. Nach der amtlichen Statistik der Bundesagentur für Arbeit wurden im Kalenderjahr 2023 durchschnittlich 230.000 Zeitarbeitnehmer beschäftigt bzw. eingesetzt. Für Personaldienstleister mit dem Fokus auf die Logistikbranche wäre es geradezu fatal, wenn sie von der avisierten Gesetzesänderung nicht partizipieren könnten.

Des Weiteren sind unter anderem diese Wirtschaftsbereiche von den Nachweiserleichterungen ausgenommen: Baugewerbe, Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe, Gebäudereinigungsgewerbe, Wach- und Sicherheitsgewerbe.

Hier gilt es in den kommenden Wochen zielführend zu klären, ob Zeitarbeitnehmer, die in die betreffenden Branchen überlassen werden, idealerweise nicht von dem zwingenden Schriftformerfordernis zur Nachweiserbringung der Vertragsbedingungen erfasst sein werden.

Weiterführende Informationen: 

Link auf Bundestags-Drucksache 20/13015

Interessierte können sich im Rahmen eines Seminars über die aktuellen und künftigen Regelungen informieren. Die ES Edgar Schröder GmbH veranstaltet hierzu in den kommenden Wochen folgende Events: 

Aktuelles Tarif- und Arbeitsrecht für Entscheidungsträger in der Zeitarbeit 
Schwerpunkt-Thema: Schriftform vs. Textform 
27. November 2024 in Düsseldorf

Sonderseminar: Bürokratieentlastung 2025
Was bringt das BEG IV?
21. November 2024, 9:00 – 12:30 Uhr und 13:30 – 17:00 Uhr in der ES Akademie in Varrel

Kontakt

0911974780 info@kontext.com