24.02.2020 Christopher Prohl

„Herr Bredlow, wie werden Personaldienstleister fit for transformation?“

  • Digital Mindset-Gründer Christian Bredlow hat es sich zur Mission gemacht, Unternehmen durch die digitale Transformation zu lotsen. Sein Erfolgsrezept: Inspiration von außen bieten, die Veränderung von innen anstößt.
  • Die Mitarbeiter spielen bei der Transformation hin zum digitalen Unternehmen die alles entscheidende Rolle, so der Experte: „Wenn Sie es nicht hinbekommen, Ihre Mitarbeiter – sprich: Ihre Experten – gedanklich mit auf die Reise zu nehmen, werden Sie am langen Arm verhungern.“
  • Zu den typischen Glaubenssätzen, die dem digitalen Wandel im Wege stehen, zählt Bredlow Einwände wie ‚Das Alte funktioniert doch noch‘. Ein Weg, diese Glaubenssätze aufzulösen: Das Team von Digital Mindset nimmt Führungskräfteteams mit auf Inspirationsreise nach Berlin oder Tel Aviv, um ihnen bei modern arbeitenden Unternehmen zu zeigen, dass mit Mut und Begeisterung nahezu alles geht.
Christian Bredlow begeistert mit seinem Team für den digitalen Wandel.

Christian Bredlow ist Gründer und geschäftsführender Lotse der Digital Mindset. Zusammen mit seinem Team begeistert er Unternehmer, Führungskräfte, Betriebsräte und Mitarbeiter für den digitalen Wandel. Im Interview mit dem arbeitsblog spricht der studierte Wirtschaftsinformatiker unter anderem darüber, in welchen Schritten digitaler Wandel in Unternehmen abläuft – und wie Zeitarbeitsfirmen ihre Kunden durch bei diesem Prozess unterstützen können.

arbeitsblog: Herr Bredlow, Sie sind der Meinung, dass Digitalisierung keine Technologie ist, sondern vielmehr eine veränderte Geisteshaltung. Können Sie das näher erläutern?
Bei Digitalisierung geht es nicht um neue Hardware oder Software. Die Entscheidung für Tools müssen wir irgendwann treffen – aber erst, wenn wir für uns klar gezogen haben, wie wir eigentlich in Zukunft zusammenarbeiten und Geschäfte machen wollen. Ich gebe Ihnen mal ein Beispiel: Sie installieren eine neue Software, mit der Sie papierlos arbeiten können. Sie erzählen aber niemandem in Ihrer Firma, dass das Ihr Ziel ist. Die Folge: Die Menschen am Arbeitsplatz raffen nichts mehr und fragen, wo der ‚Drucken-Knopf‘ ist.

Bedeutet: Der digitale Wandel beginnt im Kopf der Geschäftsführung, muss dann von dort aus aber weiter kommuniziert werden?
Genau, im Kopf der Geschäftsführung geht es los. Will man eine Treppe fegen, muss man oben anfangen. Wenn wir es aber richtig machen wollen, können wir nicht nach zwei Stufen aufhören. Soll heißen: Die digitale Transformation beginnt im Kopf der Geschäftsführung, das Digital Mindset muss sich aber sukzessive durch die gesamte Belegschaft ziehen.

Die Mitarbeiter spielen bei der Transformation hin zum digitalen Unternehmen also eine wichtige Rolle?
Die Mitarbeiter spielen die alles entscheidende Rolle. Digitalisierung bedeutet Vernetzung, sie bedeutet, dass wir unser Wissen teilen und gemeinsam mit unseren Kollegen alles geben, um dem Kunden ein möglichst perfektes Erlebnis zu bieten. Wenn Sie es nicht hinbekommen, Ihre Mitarbeiter – sprich: Ihre Experten – gedanklich mit auf die Reise zu nehmen, werden Sie am langen Arm verhungern.

Wenn das gelingt, sind wir richtig weit vorne. Alt lernt von Jung, aber Jung lernt auch von Alt. Tausche Tipps zu Social Media gegen Karriere-Tipps. Die Möglichkeiten sind riesig. Dann nennen wir das Ganze noch neudeutsch „Reverse Mentoring“ und schon wird ein Schuh draus.

– Christian Bredlow

Wie gelingt es, gerade ältere Mitarbeiter ins Boot zu holen?
Mit dem Alter hat in der Regel wenig zu tun. Auch hier ist vielmehr das Mindset entscheidend. Und die Art und Weise, wie Sie miteinander kommunizieren. Im Endeffekt geht es immer darum, die Vorteile von Digitalisierung, Agilisierung und Co. klarzumachen. Wenn uns das gelingt haben wir den größten Schritt getan. Und wenn wir dann noch eine Kultur des gegenseitigen Lernens etablieren, sind wir richtig weit vorne. Alt lernt von Jung, aber Jung lernt auch von Alt. Ein Beispiel: Tausche Tipps zu Social Media gegen Karriere-Tipps. Die Möglichkeiten sind riesig. Dann nennen wir das Ganze noch neudeutsch „Reverse Mentoring“ und schon wird ein Schuh draus.

Zurück zu den Führungskräften: Wie begeistern Sie Entscheider, die von ihrem Wesen her eher analog unterwegs sind, für den digitalen Wandel? Was sind typische Glaubenssätze, die der Transformation im Wege stehen – und wie lassen sie sich auflösen?
‚Das Alte funktioniert doch noch‘, ‚Das hat vor sieben Jahren schonmal jemand versucht‘, ‚Wir machen das schon seit 20 Jahren so‘ und ‚Das geht nicht‘ sind die Klassiker. Wir hören diese Einwände so oft, dass wir sie sogar auf Postkarten gedruckt haben und sie seitdem in ganz Deutschland verteilen. Die hängen meistens bei der zweiten Führungsebene im Büro, weil die sich schneller verändern wollen als der Rest. In unseren Workshops kriegen wir die Glaubenssätze relativ simpel weg. Wir vereinbaren einfach zu Beginn, dass diese Sätze für die Dauer des Workshops tabu sind. Das steht quasi bei uns in den Angebotsbedingungen. Wenn wir im Begleitungsprozess ein bisschen weiter sind, nehmen wir Führungskräfteteams mit nach Berlin, Hamburg, Tel Aviv oder L.A. auf Inspirationsreise, um ihnen bei jungen, modern arbeitenden Unternehmen zu zeigen, dass nahezu alles geht, wenn man nur genug Mut und Begeisterung für sein Thema aufbringt. Das finden nicht immer alle gut; die Glaubenssätze sind danach aber passé.

Wenn sich alle Entscheider für den digitalen Wandel committen – wie lotsen Sie das Unternehmen durch die Digitalisierung?
Lotsen ist das richtige Stichwort. Wir sind keine Unternehmensberater. Wir glauben nicht, die perfekte Lösung in der Schublade zu haben. Und wir setzen uns auch nicht sechs Monate bei Ihnen ins Büro, um Ihren Mitarbeitern zu zeigen, wie es richtig geht. Wir verfolgen trotzdem einen klaren Plan, weil wir an unsere Art und Weise der Unterstützung glauben. Das geht immer über Inspiration von außen und danach folgt die Veränderung von innen. Wir kommen an Bord, geben die nötigen Impulse und vereinbaren fest die nächsten Schritte. Wenn wir das nächste Mal da sind, haben wir die Möglichkeit mit Ergebnissen weiterzuarbeiten, die von der gesamten Mannschaft getragen werden. Das macht vieles leichter und verringert die Reaktanz enorm.

Läuft eine solche Transformation immer gleich ab – oder gibt es Unterschiede, beispielsweise beim Tempo der Transformation?
Natürlich gibt es Unterschiede. Klassischerweise brauchen große Unternehmen immer etwas mehr Vorlauf, bevor wir überhaupt mit der Arbeit beginnen können. Und auch danach ist es schwieriger, die konkreten Anforderungen aller beteiligten Entscheidungsträger zusammenzubringen. Das macht es nicht einfach, aber erhöht im Nachgang deutlich die Akzeptanz. Und das ist uns ganz wichtig. Das ist zum Beispiel beim inhabergeführten Mittelstand ein bisschen anders. Wenn die Geschäftsführung etwas entscheidet, folgt die ganze Firma fast schon automatisch.

Spannend ist, dass die anfänglichen Schmerzpunkte eigentlich fast überall gleich sind. Wenn wir Mitarbeiter befragen, beklagen sich alle über zu viele E-Mails, zu wenig Transparenz und zu wenig Zusammenarbeit zwischen einzelnen Teams.

– Christian Bredlow

Lassen sich trotzdem Muster erkennen, die bei allen Unternehmen auftauchen?
Spannend ist, dass die anfänglichen Schmerzpunkte eigentlich fast überall gleich sind. Wenn wir Mitarbeiter befragen, beklagen sich alle über zu viele E-Mails, zu wenig Transparenz und zu wenig Zusammenarbeit zwischen einzelnen Teams. Hier können wir unterstützen. Und zwar nicht indem wir Software installieren, sondern neue Arten der Zusammenarbeit einführen.

Wie können innovative Arbeitsmodelle, etwa agiles Arbeiten oder New Work, dazu beitragen, dass der digitale Wandel im Unternehmen gelingt?
Naja. Das Problem in unserer stetig digitaler werdenden Welt ist, dass wir uns immer schneller verändern müssen. Und genau deshalb ist es von zentraler Bedeutung, dass wir uns in die Lage versetzen, schneller agieren zu können. Dabei helfen uns agile Arbeitsmethoden. Aber auch hier wieder der Hinweis: Das Mindset ist entscheidend. Bitte jetzt nicht in den Buchladen rennen, ein Buch über Scrum kaufen und den eigenen Laden vollends verwirren. Es geht um das Verständnis, dass wir kundenfokussierter, selbstorganisierter und interdisziplinärer zusammenarbeiten müssen. Und dabei können uns dann auch gewisse New Work Ansätze helfen. Auch wenn sie mir persönlich manchmal zu esoterisch sind.

Können Zeitarbeitsfirmen durch überlassenes oder vermitteltes Personal bei diesem Prozess unterstützen? Wenn ja, wie?
Zeitarbeitsfirmen können auf zwei Arten unterstützen. Erstens indem sie das Digital Mindset einer Person mit in ihre Überlegungen einbeziehen und sich ehrlich fragen, ob er oder sie zu einem Unternehmen passt. Zweitens: Macht Eure Leute schon fit for transformation, bevor ihr sie zu den Unternehmen schickt!


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