Gütezeichen und Standards in der Zeitarbeit neu denken!
- Müssen die Standards in der Zeitarbeit überarbeitet beziehungsweise komplett neu definiert werden?
- Erst vor Kurzem sorgte eine grenzübergreifende Kontrollaktion im Kreis Kleve für Aufsehen. Nordrhein-westfälische und niederländische Behörden hatten die Unterkünfte von Zeitarbeitskräften überprüft und in 18 Sammelunterkünften diverse Verstöße, unter anderem gegen die Melderechtsvorschriften sowie die Brandschutzregeln, festgestellt.
- Branchenexperte Edgar Schröder nimmt die aktuellen Ereignisse zum Anlass, um Stellung zu beziehen und die Zeitarbeit um Umdenken anzuregen.
Seit mehreren Jahren wird über die schrecklichen Sammelunterkünfte für Arbeitsmigranten / Zeitarbeitnehmer in Kleve seitens der Medien berichtet.
Vor Kurzem wurde vom Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein- Westfalen eine große Kontrollaktion initiiert und koordiniert und in Zusammenarbeit mit der Arbeitsschutzverwaltung durchgeführt.
„Im Land Nordrhein-Westfalen werden keine ausbeuterischen Arbeits- und Wohnverhältnisse geduldet: Mit der erneuten Kontrollaktion im Kreis Kleve ist es gelungen, rund 75 betroffene Leiharbeitnehmer in sicheren und angemessenen Wohnungen unterzubringen. Zum Teil wurden leib- und lebensgefährdende Zustände aufgedeckt, weshalb sie direkt geschlossen wurden. Mit dem grenzübergreifenden Netzwerk hat die Landesregierung Nordrhein-Westfalen den Kommunen ein starkes Werkzeug gegeben, um schlagkräftig gegen menschenunwürdige Unterbringungen von Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern vorzugehen. Nur so kann auf Dauer ausbeuterischen Vermietern und Arbeitgebern das menschenfeindliche Handwerk gelegt werden. Wir lassen nicht locker und bleiben weiter dran – Hand in Hand mit den Kommunen“, so das Statement von Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen.
Ich finde, lasst uns faire Zeitarbeit präzisieren bzw. ergänzen, dass es weit mehr bedeutet als transparente Arbeits- und Vertragsbedingungen – nämlich plus menschenwürdiger Wohnraum! Eigentlich sollte es selbstverständlich sein. Das ist es offenkundig nicht.
In den Niederlanden gibt es die so genannte SNF-Zertifizierung („Stichting Normering Flexwonen“). Erklärte Zielsetzung der SNF-Zertifizierung ist es, den an der Unterbringung von Arbeitsmigranten beteiligten Parteien – Kommunen, Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Anwohnern – die Gewissheit zu geben, dass die Unterbringung von Arbeitsmigranten angemessen ist.
„Jedes Jahr werden diese Organisationen einer Verwaltungskontrolle unterzogen, um zu überprüfen, ob alle Standorte beim SNF registriert sind und ob die Anforderungen an eine gute Beschäftigungspraxis sowie an die Aufsicht und das Management erfüllt sind. Im Laufe des Jahres werden alle Standorte, für die die Organisation selbst verantwortlich ist (First Responsible), auf die Einhaltung aller SNF-Normen überprüft. Die Norm umfasst die Komponenten Raum und Privatsphäre, Sanitäranlagen, Sicherheit und Hygiene, Einrichtungen, Bereitstellung von Informationen, Brandschutz, Überwachung und Management. Jeder Teil besteht aus einer Reihe von spezifischen Anforderungen, die die Unterkunft erfüllen muss.“
Ich finde, lasst uns faire Zeitarbeit präzisieren bzw. ergänzen, dass es weit mehr bedeutet als transparente Arbeits- und Vertragsbedingungen – nämlich plus menschenwürdiger Wohnraum! Eigentlich sollte es selbstverständlich sein. Das ist es offenkundig nicht.
Klar, kein Unternehmer ist begeistert, weil gedanklich ein Überhang an Normen und Kontrollen im „Kopfkino“ aufpoppen.
Dennoch sollten wir in der Zeitarbeitsbranche über die Sinnhaftigkeit und Zielsetzung von Gütezeichen und Standards sachlich diskutieren.
Weitere Informationen zur SNF-Zertifizierung:
https://www.normeringflexwonen.nl/informationen-fuer-einwohner
Hier geht es zum Bericht im kleveblog:
https://www.kleveblog.de/grossrazzia-in-unterkuenften-fuer-leiharbeiter-17-von-18-wohnungen-sofort-geschlossen/