07.02.2018 Christopher Prohl

Für alle sichtbar

  • Tina Voß, Geschäftsführerin des gleichnamigen Zeitarbeitsunternehmens, ist sich sicher: Künftig werden sich Personaldienstleister bei den Bewerbern bewerben
  • Um für Bewerber sexy zu sein, sollten Zeitarbeitsunternehmen das eigene Angebot stetig erweitern und sich öffentlich glaubhaft als verlässlicher Partner präsentieren
  • Den sozialen Medien – allen voran Plattformen wie kununu – kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. Hier verschaffen sich Bewerber einen realistischen Eindruck vom Personaldienstleister
  • Ebenfalls wichtig: niedrigschwellige Bewerbungsmöglichkeiten. Die Tina Voß GmbH setzt unter anderem auf WhatsApp
Für Tina Voß ist Zeitarbeit vor allem eins: Vertrauenssache! (c) Tina Voß GmbH

Wer sich mit Tina Voß unterhält, wird eine Menge Spaß haben – und sich fragen, wie viele Stunden ihr Tag eigentlich hat!? „Niedersachsens wohl erfolgreichste Unternehmerin“ (Hannoversche Allgemeine Zeitung) ist nicht nur Chefin ihrer Zeitarbeitsfirma, sondern (unter anderem) auch BAP-Vorstandsmitglied, Vize-Präsidentin der IHK-Hannover, Honorarkonsulin des Königreichs Norwegen (!) und Romanautorin. Außerdem gibt sie Seminare, etwa zum Thema Bewerbermarketing. Genau darüber haben wir mit ihr gesprochen.
 

Frau Voß, die Personalwissenschaftlerin Prof. Dr. Jutta Rump hat hier im arbeitsblog gesagt, dass sich die Personaldienstleistungsbranche verändert: Gerade hochqualifizierte Kandidaten bewegen sich heute nicht mehr in einem Arbeitgeber-, sondern in einem Arbeitnehmermarkt. Stimmen Sie dem zu?
Absolut, der Markt hat sich komplett gedreht. Heute schon und in Zukunft erst recht müssen sich Personaldienstleister bei den Bewerbern bewerben. Und zwar bei allen Bewerbern – nicht nur bei den hochqualifizierten. Auch ungelernte Kräfte können zwischen verschiedenen Personaldienstleistern wählen.

Was können Personaldienstleister tun, um für Bewerber sexy zu sein?
Einiges! Ganz wichtig: das eigene Angebot erweitern. In unserem Unternehmen bilden wir Personaldisponenten gezielt weiter, beispielsweise zum Business Coach. So können wir unsere Bewerber mit Karrierecoachings ganz gezielt bei ihrem beruflichen Lebensweg unterstützen. Wir führen Persönlichkeitstests durch, auf deren Grundlage wir dann gemeinsam nach passenden Stellen suchen. Wir optimieren ihre Bewerbungsunterlagen. Wir bereiten sie mit Videotrainings auf Vorstellungsgespräche vor. Kurz: Wir sind einfach ein verlässlicher Partner.

Also spielt Vertrauen eine große Rolle?
Ja, gerade in unserer Branche. Die Zeitarbeit ist qua Gesetz als Sprungbrett in die Festanstellung gedacht. Das führt dazu, dass Zeitarbeitnehmer in der Regel nicht lange bei einem Personaldienstleister sind. Umso wichtiger ist es, dass sie sich in dieser kurzen Zeit bestens aufgehoben fühlen. Sie sollen wissen, dass sie sich auch nach Ende der Zusammenarbeit immer wieder bei uns melden können – und dass wir sie immer wieder in die richtigen Unternehmen bringen werden. Das ist Vertrauenssache! Klar habe ich als Personaldienstleister theoretisch Direktionsrecht und kann einen Mitarbeiter, der eigentlich Buchhaltung machen will, in den Empfang schicken. Dieser Mitarbeiter wird sich aber vermutlich kein zweites Mal für mich entscheiden.

Wie überzeugen Sie einen Bewerber, der noch nicht mit Ihnen zusammengearbeitet hat, dass er Ihnen vertrauen kann?
Wir versuchen, möglichst sichtbar zu sein. Allerdings nicht in Form von Werbeplakaten, Imageanzeigen und dergleichen, sondern indem wir öffentlich, sei es in den Medien oder auf Veranstaltungen, über Themen rund um die Zeitarbeit sprechen. Auch ehrenamtliches Engagement – aktuell bin ich zum Beispiel Vorstandsmitglied des BAP und stellvertretende Präsidentin der IHK Hannover – führt dazu, dass Bewerber eher vertrauen. Eben weil wir nicht im Verborgenen agieren, sondern für alle sichtbar. Auch in diesem Punkt hat ein radikaler Wandel stattgefunden. Früher wollten Zeitarbeitsunternehmen möglichst nicht öffentlich stattfinden. Nach dem Motto: „Wir sind Personaldienstleister, aber sagen es keinem“. Heute wäre das der falsche Weg.

Was sich im Vergleich zu früher auch geändert hat: Bewerber können Ihr Unternehmen öffentlich bewerten. Was halten Sie von Plattformen wie kununu und Co.?
Die finde ich super! Denn Hand aufs Herz: Auf der eigenen Website kann jeder schreiben, was er will. Die Wahrheit steht aber am Ende bei kununu. Und zur Wahrheit gehört eben auch, dass wir nicht das passende Unternehmen für jeden Bewerber sind. Wenn wir einen Zeitarbeitnehmer wegen Schlechtleistung kündigen, wird der uns nicht sonderlich toll finden. Das muss man aushalten können. Aktuell haben wir auf kununu rund 120 Mitarbeiterbewertungen. Auf zehn gute oder sehr gute kommt eine schlechte – das ist absolut in Ordnung.

Früher wollten Zeitarbeitsunternehmen möglichst nicht öffentlich stattfinden. Nach dem Motto: 'Wir sind Personaldienstleister, aber sagen es keinem'. Heute wäre das der falsche Weg.

– Tina Voß über die Branche im Wandel:

Wie gehen Sie mit schlechten Bewertungen um?
Die lese ich mir in Ruhe durch, analysiere, was wahr und was Frust ist – und dann schreibe ich einen Arbeitgeberkommentar, in dem ich unsere Sicht der Dinge darstelle. So kann sich jeder, der mitliest, ein eigenes Bild machen. Allzu oft kommt das aber nicht vor, bisher habe ich sechs Kommentare verfasst.

In welche sozialen Medien sind Sie noch aktiv, um sich potentiellen Bewerbern zu präsentieren?
Facebook macht uns riesigen Spaß! Auf der Plattform zeigen wir, wer wir sind und wie wir ticken. Wir stellen uns vor, geben Einblicke in unseren Alltag – das kann eine witzige, interne Abwesenheitsnotiz eines Kollegen sein oder das rührende Feedback eines Mitarbeiters, der vom Kunden übernommen wurde. Einfach ein buntes Potpourri, das Lust macht, sich näher mit uns zu beschäftigen. Karriereseiten teilen wir auf Facebook ganz selten. Und wenn, dann mit Humor.

Für Stellenangebote nutzen Sie die Business-Netzwerke XING und LinkedIn?
Genau, bei XING haben wir einen Firmenaccount, über den verbreiten wir zum Beispiel unsere Stellenangebote. Bei LinkedIn sind wir auch, allerdings nicht sonderlich aktiv. Einfach, weil derzeit nur rund 15 Prozent unserer Stellen international sind. Sollte sich das irgendwann ändern, werden wir unsere Präsenz entsprechend erhöhen.

Sie nehmen Bewerbungen auch via WhatsApp entgegen. Was ist die Idee dahinter?
Damit bieten wir Bewerbern eine niedrigschwellige Möglichkeit, mit uns in Kontakt zu treten. Im Recruiting ist eine Mobilnummer definiert, über die uns Interessenten ihren abfotografierten Lebenslauf und ein Selfie schicken können. Bei Bedarf laden wir sie ein. Die restlichen Unterlagen können auch im Nachhinein noch abgegeben werden.

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