Fleiß und System schlägt Talent und Qualität
- Vertriebs-Experte Axel Walz erklärt, warum nicht die Qualität einer Dienstleistung über Erfolg oder Misserfolg entscheidet – sondern der Vertrieb und das System, das dahintersteht
- Die Zeitarbeitsbranche agiert in puncto Vertrieb zurückhaltender als andere Branchen. Zu Unrecht! Vielmehr sollte sie die Stärke, die sie zweifellos hat, besser nutzen
- Vertrieblicher Erfolg muss bestmöglich vom Zufall befreit werden. Dafür braucht es Fleiß und System: gepflegte CRM-Systeme sind ebenso wichtig wie klare Vorgaben – und gewisse Zwänge. Bei deren Vermittlung kommt es auf das Fingerspitzengefühl der Führungskraft an
Der Erfolg eines Produktes oder einer Dienstleistung hängt nicht von der Qualität ab! Oder warum gehen Sie zu McDonald‘s? Der Qualität wegen?! Warum gibt es erfolgreiche Firmen, deren Dienstleistungen oder Produkte bestenfalls mittelmäßig sind? Und warum gehen gleichzeitig innovative Firmen mit Top-Produkten Pleite? Warum ist nicht der mit der besten Qualität auch Marktführer?
Weil der Vertrieb und das System, das dahintersteht, über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Und hier hat die Personaldienstleistungsbranche im Vergleich zu anderen Branchen noch eine Menge Luft nach oben.
Zeitarbeitsbranche agiert im Vertrieb zu devot
Was mir bei meinen Trainings oft auffällt, ist die devote Haltung, die in der Personaldienstleistung in puncto Vertrieb an den Tag gelegt wird. Mit Blick auf andere Branchen, die mit stolz geschwellter Brust und Begeisterung agieren (und z. B. Pappbecher verkaufen), frage ich mich: Warum nutzt die Zeitarbeit die Stärke, die sie zweifellos hat, nicht besser? Zeitarbeitsunternehmen haben das Personal – und wenn sie es Mal nicht haben, dann wissen sie, woher sie es bekommen. Und sie tun Gutes für die Menschen.
Sie sehen: Als Verkäufer darf man sich im Vertrieb nicht an der Meinung der Allgemeinheit orientieren oder sein Mindset von ihr beeinflussen lassen. Ausschlaggebend ist die Meinung derer, die Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung nutzen, benötigen und bezahlen können!
Auch bei offenen Aufträgen akquirieren
Ein Satz begegnet mir im Gespräch mit Kunden aus der Personaldienstleistung immer wieder: „Ich habe genug offene Aufträge, warum soll ich akquirieren?!“ Meine Antwort: „Weil Sie, zumindest teilweise, die falschen Aufträge haben!“ Genau an dieser Stelle kommen der Vertrieb und das dahinterstehende System ins Spiel.
Zwang?! Was für ein böses Wort! Zwänge wollen wir nicht. Oder doch? Reinhold Würth, der Inhaber der weltweit größten Vertriebsorganisation, sagt: „Was getan werden muss, muss erzwungen werden.“
Verkaufen Sie nur, was Sie haben. Und suchen Sie nicht, was der Kunde will. Denn: Genau das haben Sie nicht! Um diesen Ratschlag umzusetzen, braucht es gepflegte CRM-Systeme. Berufe, Branchen und Informationen müssen hinterlegt sein und werden. Alles, was im Vertrieb gemacht wird, muss auswertbar sein und analysiert werden. Auch dedizierte Systeme wie index Anzeigendaten helfen. Die Vertriebsleitung muss jederzeit wissen, wie viele Bewerbereingänge es gibt, wie viele Bewerber einsetzbar sind, wie lange es dauert, bis sie vermarktet werden, wie oft sie angeboten werden, wie lange die Zeitspanne vom Bewerbungseingang bis zum Vorstellungsgespräch ist, und welche Einstellquote welcher Mitarbeiter hat.
Der Blick über den Tellerrand
Meine Erfahrungen aus anderen Branchen zeigen, dass die Verkäufer dort genau wissen, wen sie in welchen Abständen akquirieren sollen. Sie kennen die Erwartungen der Vorgesetzten, die Zahlen der Kollegen und die Handhabung der Systeme. Das fängt oft schon mit dem Onboarding-Prozess an. In erfolgreichen Vertriebsorganisationen haben die Mitarbeiter vor ihrem ersten Arbeitstag einen detaillierten Einarbeitungsplan, Lernvideos – und Produkt- oder Dienstleistungsinformationen, die sie noch vor Arbeitsbeginn verinnerlichen.
Ebenfalls kennen die Mitarbeiter die Vorgaben in Bezug auf Menge, System und Qualität. Sie haben Vorgesetzte, die ihre Ergebnisse und Entwicklung Woche für Woche kontrollieren. Die Meilensteine und Entwicklungsfelder definieren – und alles ausführlich mit ihnen besprechen. Diese Vorgesetzten stellen sicher, dass die Systeme richtig und einheitlich genutzt werden. Und sie üben, wenn nötig, Zwang aus.
Moment, wie bitte: Zwang?! Was für ein böses Wort! Zwänge wollen wir nicht. Oder doch? Reinhold Würth, der Inhaber der weltweit größten Vertriebsorganisation, sagt: „Was getan werden muss, muss erzwungen werden.“
Warum Zwänge gut sind
Ich wette: Viele Leser schütteln jetzt mit dem Kopf – nicht mehr zeitgemäß. Gestatten Sie folgende Fragen: Stellen Sie Ihren Mitarbeitern frei, ob der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vor der Überlassung unterschrieben wird? Vermutlich nicht, Sie üben im Zweifelsfall Zwang aus. Was würden Sie tun, wenn Ihre Buchhaltung die Mitarbeiter nicht bei den Krankenkassen anmeldet? Richtig, Zwang ausüben. Und warum zahlen Sie überhaupt Steuern? Genau, der Zwang.
Zwänge sind gut, sie lassen uns funktionieren! Nur wenn es um den Vertrieb geht, da will man sie nicht. Keine Vorgaben, keine Kontrolle, keine Konsequenzen – stattdessen: freiwilliges Engagement. Oh je! Das kann nichts werden.
Klar ist aber auch: Vorgaben und Zwänge funktionieren nur, wenn sie attraktiv verpackt und vor allem ausreichend erklärt werden. Hier ist die Führungskraft mit all ihrem Fingerspitzengefühl gefragt!
Fazit
Der Vertrieb entscheidet über Erfolg und Misserfolg von Produkten oder Dienstleistungen. Und im Vertrieb kommt es auf den Fleiß und das System an. Agiert der talentierteste Verkäufer der Welt faul und unstrukturiert, wird er schlechter performen als ein fleißiger, zuverlässiger, durchschnittlich begabter Vertriebler, der die Systeme nutzt. Die Führungskraft ist daher von entscheidender Bedeutung: Sie schafft die Rahmenbedingung, in der erfolgreicher Vertrieb möglich wird. Inklusive der nötigen Vorgaben und Zwänge. Denn nur so gelingt es, den Erfolg vom Zufall zu befreien.
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