Einschränkungen der Arbeitnehmerüberlassung in den Krankenhäusern
- Im Januar 2024 sprachen der federführende Gesundheitsausschuss und der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik eine Empfehlung an den Bundesrat aus, den vom Freistaat Bayern initiierten Entschließungsantrag „Eindämmung der Leiharbeit in der Pflege“ anzunehmen.
- In der Sitzung am vergangenen Freitag, dem 2. Februar 2024, folgte der Bundesrat dieser Empfehlung und stimmte für die Annahme des Antrags, welcher nun der Bundesregierung vorliegt.
- Welche Forderungen sind im Antrag inbegriffen und wie lassen sich diese aus Sicht der Personaldienstleistung einordnen? Im aktuellen Beitrag reflektiert Branchenexperte Edgar Schröder diese Thematik.
Im Herbst 2023 hatte ich die optimistische Einschätzung, die politischen Diskussionen über ein „Verbot der Leiharbeit in der Pflege“ seien beendet, weil der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sich klar gegen ein gesetzliches Verbot der Arbeitnehmerüberlassung positionierte.
In den kommenden Wochen und Monaten wird dieses Thema politisch neu aufgerollt. Auslöser hierfür ist der Entschließungsantrag „Eindämmung der Leiharbeit in der Pflege“, welchen der Bundesrat auf Initiative des Freistaats Bayern gefasst und am vergangenen Freitag, dem 2. Februar 2024, der Bundesregierung zugeleitet hat.
Dazu gibt es auf der Website des Bundesrates ein Video, unter TOP 19.
Für unsere Branche sind die Argumente, insbesondere zum vollkommen gedrehten Gleichstellungsgrundsatz (Anpassung = Reduzierung der Arbeitsentgelte für die beschäftigten Zeitarbeitnehmer auf das Vergütungsniveau der Stammbeschäftigten in Krankenhäusern und Einrichtungen), nur schwer erträglich!
Den Forderungskatalog gegenüber der Bundesregierung gebe ich nachfolgend auszugsweise wieder:
- Die Bundesregierung soll eine gesetzliche Regelung auf den Weg bringen, die stärker als bisher die Gleichbehandlung der stammbeschäftigten Arbeitnehmer einerseits und der Zeitarbeitnehmer andererseits in der Praxis sicherstellt. Demzufolge sollen entgegenstehende Abreden für unzulässig erklärt und Verstöße sanktioniert werden.
- Die Bundesregierung soll prüfen, ob die Deckelung des Anteils von „zulässig einsetzbaren Leiharbeitskräften“ in einer Einrichtung bundeseinheitlich geregelt werden könnte.
- Die Bundesregierung soll prüfen, ob „zu hoch angesetzte“ Verrechnungssätze seitens der Personaldienstleister im Bereich der Pflege unterbunden bzw. gedeckelt werden können.
- Hinsichtlich der AÜG-Erlaubnis soll geprüft werden, die besondere Situation in der Pflege zu berücksichtigen.
- Grundlegende Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie der Sicherheit von Patientinnen und Patienten durch ein Maßnahmenpaket, u. a. Etablierung von Springerpools, verbindliche Dienstplangestaltung.
- Verpflichtung der Personaldienstleister zur regelmäßigen Fortbildung ihrer Mitarbeitenden.
- Wirtschaftlich belastbare Konzepte unter anderem im Falle des Ausfalls von Pflegekräften. „… Es darf nicht hingenommen werden, dass hierauf aus Kostengründen zu Lasten der Pflegekräfte verzichtet wird. Dies muss gleichermaßen auch für Mehrkosten von Leiharbeit innerhalb der festzulegenden Grenzen für den Einsatz von Leiharbeit in Bezug auf Umfang (Quote) und Verrechnung (Deckel) gelten.“
- Trägerübergreifende Springerkonzepte insbesondere für kleine Pflegeeinrichtungen.
- Gesicherte Refinanzierung der Vergütung von Pflegekräften in Springerpools.
- Überprüfung, ob und auf welche Weise die Personaldienstleister in die Finanzierung der Pflegeausbildungen einbezogen werden können.
Für unsere Branche sind die Argumente, insbesondere zum vollkommen gedrehten Gleichstellungsgrundsatz, nur schwer erträglich!
Der vollständige Beschluss kann hier eingesehen / downgeloaded werden: Bundesrat-Drucksache 214/1/23
Die oben aufgeführten Vorschläge zu weitreichenden Beschränkungen der Leiharbeit in der Pflege kommen in vielen Punkten dem Positionspapier der Deutschen Krankenhausgesellschaft sehr nahe. Deren Vorstandsvorsitzender Dr. Gerald Gaß erklärte die Forderungen nach entschiedenen Reformen unter anderem wie folgt:
„… Das Ausmaß der Leiharbeit gefährdet zunehmend die Arbeit auf den Stationen, es spaltet die Belegschaften, gefährdet die Versorgung und führt zu einer unabsehbaren Kostenspirale, die am Ende die Versicherten zu tragen haben. Die Politik ist gefragt, hier so schnell wie möglich einzugreifen.“ (PM und Positionspapier der DKG)
Die Befragung von über 3.000 beschäftigten Zeitarbeitnehmern im Gesundheits- und Pflegebereich seitens des Instituts der deutschen Wirtschaft verdeutlicht im Ergebnis unmissverständlich:
Bei gesetzlichen Einschränkungen würde die Mehrheit der befragten Pflegekräfte nicht in eine „Festanstellung“ zurückkehren, sondern den Beruf wechseln. 11 Prozent würden sogar die Erwerbstätigkeit aufgeben. Gerade einmal 18 Prozent würden in die Stammbelegschaft wechseln wollen. (Zeitarbeiterbefragung und Gutachten des iW)
Die Ökonomen des iW resümieren, dass eine striktere Regulierung der Zeitarbeit die Personalengpässe in der Pflege weiter verschärfen würde.
Nachdem der Bundesrat am 2. Februar 2024 wie im Vorfeld erwartet für die Annahme des Entschließungsantrages aus Bayern gestimmt hat, stellt sich nun die alles entscheidende Frage, ob und was die Ampel-Regierung zu dieser sensiblen und komplexen Thematik auf den Weg bringen wird.
Besorgniserregend ist, dass in den ersten Wochen des Jahres 2024 das Vertrauen vieler Bürgerinnen und Bürger in die Institution Bundesregierung und das von den Parteien getragene politische System erschüttert ist.