Einblicke in den Arbeitsmarkt: Wie regulatorische Hürden die Zeitarbeit bremsen
- Die Personaldienstleistung steht zum Jahresende 2024 vor einer kritischen Bestandsaufnahme.
- Angesichts eines verlangsamten Wirtschaftswachstums und eines anhaltenden Fachkräftemangels wird deutlich, dass die Branche sich in einem Spannungsfeld befindet.
- Insbesondere die derzeitigen regulatorischen Rahmenbedingungen stellen eine erhebliche Herausforderung dar. Wir haben uns mit den aktuellen Entwicklungen auseinandergesetzt und in unserem Überblick die wichtigsten Fakten zusammenfasst.
Die aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) zeigen im November 2024 ein vielschichtiges Bild des deutschen Arbeitsmarktes. Während die Arbeitslosenzahlen im Vergleich zum Vormonat leicht zurückgingen, sind die langfristigen Trends geprägt von einer insgesamt gedämpften Dynamik. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wächst weiterhin, wenn auch deutlich langsamer als in den Vorjahren. Dieser Rückgang in der Wachstumsrate spiegelt die Zurückhaltung vieler Unternehmen wider, die aufgrund steigender Energiepreise, geopolitischer Unsicherheiten und einer schwächelnden Konjunktur vorsichtig in ihrer Personalpolitik agieren. Gleichzeitig wird der Arbeitsmarkt durch den Anstieg der Unterbeschäftigung und eine sinkende Nachfrage nach Arbeitskräften zusätzlich belastet. Mit 668.000 gemeldeten offenen Stellen im November – 65.000 weniger als vor einem Jahr – zeigt sich besonders in konjunkturabhängigen Branchen wie dem verarbeitenden Gewerbe eine spürbare Zurückhaltung.
Inmitten dieser Unsicherheiten rückt die Rolle der Zeitarbeit in den Fokus. Als Frühindikator für wirtschaftliche Schwankungen und flexibles Instrument auf dem Arbeitsmarkt ist sie zum einen direkt von den Entwicklungen betroffen – und zum anderen kann sie einen wertvollen Beitrag bei der Bewältigung der Herausforderungen leisten. Doch wie zeigt sich der Einfluss der aktuellen Lage und der regulatorischen Rahmenbedingungen auf die Zeitarbeitsbranche? Wir werfen einen genauen Blick darauf.
Zeitarbeit unter Druck: Rückläufige Beschäftigtenzahlen und regulatorische Herausforderungen
Die Personaldienstleistung verzeichnet seit mehreren Jahren einen kontinuierlichen Rückgang der Beschäftigtenzahlen. Während 2017 noch über eine Million Menschen in der Zeitarbeit tätig waren, ist diese Zahl bis 2023 auf etwa 796.000 gesunken. Aktuellere Daten für das Jahr 2024 liegen noch nicht vor. Allerdings zeigen vorläufige Zahlen einen Rückgang der Zeitarbeitskräfte um 4,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Die Ursachen sind vielfältig, jedoch spielen regulatorische Vorgaben eine zentrale Rolle, wie der Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft (iwd) berichtet. Seit der Einführung der Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten im Jahr 2017 hat sich der Spielraum für Zeitarbeitsunternehmen erheblich verkleinert. Denn: Diese Regelung führt in der Praxis häufig zu einer vorzeitigen Beendigung von Arbeitsverhältnissen und damit zu einer erhöhten Unsicherheit für Beschäftigte.
Eine weitere zentrale Herausforderung für die gesamte Wirtschaft und insbesondere für die Personaldienstleistung ist der Fachkräftemangel. Nach iw-Schätzungen fehlen in Deutschland derzeit über 530.000 qualifizierte Fachkräfte – Tendenz steigend. Doch eine Herausforderung kann auch als Chance verstanden werden: Zeitarbeitsunternehmen könnten eine entscheidende Rolle spielen, indem sie flexibel und schnell Arbeitskräfte bereitstellen. Doch die genannten gesetzlichen Einschränkungen reduzieren diese Potenziale erheblich.
Ein Beispiel hierfür ist die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen. Angesichts des demografischen Wandels und einer alternden Bevölkerung wird es zunehmend notwendig, Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen. Die aktuellen Regelungen schränken jedoch die Möglichkeiten für Zeitarbeitsunternehmen stark ein, auf diese Ressourcen zurückzugreifen.
Angesichts der schwachen Konjunktur, des sich laufend verschärfenden Fachkräftemangels und der Tatsache, dass bis 2036 rund 20 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Rente gehen, muss die Politik spätestens jetzt die Zeitarbeit entfesseln, damit die Personaldienstleister Wirtschaft und Arbeitsmarkt helfen können. Gesetzliche Hürden wie die Höchstüberlassungsdauer, das Beschäftigungsverbot Drittstaatsangehöriger und sektorale Verbote der Zeitarbeit sind aus der Zeit gefallen und gehören abgeschafft. Sonst kann die Personaldienstleistungsbranche die schwächelnde Gesamtwirtschaft nicht im notwendigen Umfang unterstützen.
GVP fordert Reformen für die Zeitarbeit
Angesichts der aktuellen Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt plädiert Florian Swyter, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Personaldienstleister (GVP), für eine grundlegende Reform der gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Zeitarbeitsbranche. „Gesetzliche Hürden für Zeitarbeit gehören abgeschafft“, sagte er bei der PEAG-Personaldebatte am 4. Dezember 2024 in Berlin.
Eine der zentralen Forderungen ist die Abschaffung der Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten. Diese Regelung wird als unzeitgemäß kritisiert, da sie die notwendige Flexibilität der Zeitarbeit stark einschränkt und Unternehmen die Möglichkeit nimmt, längerfristig mit bewährten Zeitarbeitskräften zu planen. Darüber hinaus spricht sich der GVP für die Aufhebung von sektoralen Verboten aus, wie sie derzeit beispielsweise im Bauhauptgewerbe bestehen. Diese Beschränkungen behindern aus Sicht der Branche die effiziente Nutzung von Zeitarbeit, insbesondere in Bereichen, die einen hohen Arbeitskräftebedarf aufweisen. Ein weiterer zentraler Punkt betrifft die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen. Hier fordert Swyter, die Zugangsmöglichkeiten zu erweitern, da internationale Arbeitskräfte eine wesentliche Ressource darstellen, um den anhaltenden Fachkräftemangel zu bewältigen. Nur durch solche Reformen, so der GVP, könne die Personaldienstleistungsbranche die schwächelnde Gesamtwirtschaft im notwendigen Umfang unterstützen.