16.03.2020 Axel Walz

Corona-Krise: Chance für Personaldienstleister?

  • Axel Walz weiß aus Erfahrung: Bei jeder Krise gibt es Gewinner und Verlierer. Zu welcher Seite man am Ende zählt, hängt primär davon ab, wie man sich während der Krise verhält
  • Der Vertriebs-Profi zieht Parallelen zur Weltwirtschaftskrise 2008/2009. Damals war er Geschäftsführer einer großen Zeitarbeitsfirma – und führte das Unternehmen dank der Maßnahmen, die während der Krise getroffen wurden, in die Top 20 der Branche
  • Eine dieser Aktionen: Axel Walz baute zusammen mit seinem Team durch intensiven Vertrieb noch in der Krise Kontaktketten auf, die sich zwar nicht direkt auszahlten, aber sofort Erfolg brachten, als die Krise vorüber war

Corona-Krise, Börsencrash, Rezession. Ja, es wird wahrscheinlich schlimmer kommen, als wir uns das aktuell vorstellen können. Trotzdem – oder gerade deswegen – sage ich: „Nichts ist so schlimm, dass es nicht auch etwas Gutes hat!“ Schlechte Zeiten sind immer gute Zeiten für Verkäufer und Macher. Ein Blick in die Vergangenheit bestätigt das. Krisen und Rezessionen mischen die Karten neu und die Chancen des Einzelnen steigen überproportional.

Wie unterscheiden sich Gewinner und Verlierer?
Bei jeder Krise gibt es immer Gewinner und Verlierer. Stellt sich die Frage: Mit welchem Verhalten werde ich zu welcher Seite gehören? Schauen wir uns die Verlierer der Krise zuerst an. Sie neigen zu:

  • zaghaften und verspäteten Reaktionen
  • jammern
  • Schockstarre
  • passivem Verhalten
  • Festhalten am Prinzip Hoffnung („Wird schon wieder …“)
  • schicken den Vertrieb in Kurzarbeit oder kündigen Verkäufer
  • kümmern sich nur noch um Ihre Probleme und nicht um die ihrer Kunden

Ich könnte noch tiefer ins Detail gehen, halte das aber für Zeitverschwendung. Lassen Sie uns lieber die Gewinner anschauen. Gewinner wissen, dass es erst mal auch sie trifft. Sie nehmen diesen Fakt an ohne zu jammern. Sie agieren – und treffen dabei auch unangenehme Entscheidungen.

Fallbeispiel Finanzkrise 2008/2009
Ich möchte hier als Beispiel einmal aufzeigen, wie mein Partner und ich mit der Finanzkrise 2008/2009 umgegangen sind. Wir waren seinerzeit als Geschäftsführer für einen bundesweit agierenden Personaldienstleister tätig.

Anfang September 2008 hatten wir über 1.400 produktive Mitarbeiter. Dann kam die Krise. Ende Dezember waren es noch genau 667. Diese Zahl vergesse ich nie! Im September 2009 beschäftigten wir wieder 2.100 produktive Mitarbeiter – und zählten zu den Top 20 der Branche. Was haben wir gemacht?

Schritt 1: Personal freisetzen
Uns war schnell klar, dass es mit Kurzarbeit nicht getan sein würde. Um die Liquidität zu retten, begannen wir deshalb sofort, Mitarbeiter freizusetzen. Auch interne! Hier gingen wir nach einer Skill-/Will-Matrix vor und trennten uns konsequent von Mitarbeitern, die schon länger auf der Kippe standen, sich aber irgendwie immer wieder retten konnten. Wenn eine Niederlassung aber nur noch 30 Prozent der produktiven Mitarbeiter halten kann, gibt es kein ‚irgendwie‘ mehr. Dann trifft man die (harten) Entscheidungen, die schon vor längerer Zeit hätten getroffen werden müssen.

Schritt 2: Personal einstellen
Viele Wettbewerber haben während der Krise ebenfalls Personal freigesetzt. Allerdings nicht immer faktenbasiert nach der Skill-/Will-Matrix, sondern emotionsgetrieben oder gar panisch. Für uns war das eine Chance: Es gab gutes Personal auf dem Markt! Wir haben also zeitgleich Mitarbeiter gekündigt und Personal eingestellt. Weil klar war, dass es nach der Krise weitergehen wird.

Unsere Kunden meldeten im Zuge der Finanzkrise 60 Prozent des externen Personals ab. Das war doof, hatte aber auch sein Gutes, denn: Unserem Wettbewerb ging es genauso! Wir konnten also Zielkunden, die zuvor fest in der Hand des Wettbewerbs waren, ins Auge fassen.

– Axel Walz über Chancen, die sich in der Krise auftun:

Schritt 3: Vertrieb intensivieren
Unsere Kunden meldeten im Zuge der Finanzkrise 60 Prozent des externen Personals ab. Das war doof, hatte aber auch sein Gutes, denn: Unserem Wettbewerb ging es genauso! Wir konnten also Zielkunden, die zuvor fest in der Hand des Wettbewerbs waren, ins Auge fassen. Und so taten wir das, was die Wenigsten in der Krise tun: Wir drehten uns nicht um uns selbst, sondern kümmerten uns um unsere Kunden und Interessenten!

Und: Wir definierten neue Zielgruppen. Aufgrund der Abwrackprämie waren beispielsweise Schrottplätze und Recyclingunternehmen hoffnungslos überlastet. Darauf stürzten wir uns – und überließen bundesweit allein in diese Branche über 150 Staplerfahrer und Hilfskräfte. Fun Fact am Rande: Diese Idee kam von einem unserer Azubis!

Kontaktketten in Krisenzeiten aufbauen
Als weitere Maßnahmen betrieben wir mit (damals hochmodernen) Programmen E-Mail-Marketing und konnten so viele Firmen mit wenig Aufwand ansprechen. Parallel dazu stockten wir unser firmeneigenes Callcenter personell auf und ließen die Klicks der Kampagnen nachtelefonieren. Nie zuvor oder danach waren unsere Verkäufer und Disponenten so viel im Außendienst unterwegs wie zu dieser Zeit. Wohlgemerkt: All das ohne sofortigen Erfolg! Aber wir waren stets am Puls des Kundenunternehmens. Die Letzten, die der Entscheider gesehen hatte, waren wir.

Als es dann im Frühsommer 2009 aufwärts ging, zählten wir zu den ersten, die das realisierten. Wir hatten die Kontaktketten im Vorfeld aufgebaut und konnten jetzt ernten. Wir gewannen Kunden, an die wir ohne die Bankenkrise niemals gekommen wären.

Fazit

Das, was da aktuell vor uns liegt, birgt riesige Chancen! Ja, es wird wahrscheinlich hässlich. Unangenehme Entscheidungen stehen an. Die Planung für 2020 dürfte dahin sein. Aber so geht es gerade allen. Nehmen Sie die Situation an, suchen Sie Verkäufer und legen Sie los! Heute in einem Jahr können Sie stehen, wo sie ohne die Corona-Krise nicht hingekommen wären.


Ihnen hat der Beitrag gefallen? Wir haben mehr davon :-) ! Abonnieren Sie unseren Newsletter - und Sie erfahren regelmäßig, was auf dem arbeitsblog und rund um die Personaldienstleistungsbranche passiert.

Kontakt

0911974780 info@kontext.com