05.07.2022 Redaktion arbeitsblog

Änderungen des Nachweisgesetzes beschlossen: Das müssen Sie jetzt tun!

  • Ende Juni hat der Bundestag die geplanten Änderungen am Nachweisgesetz (NachwG) in zweiter und dritter Lesung beschlossen. Somit tritt die aktualisierte Arbeitsbedingungen-Richtlinie zum 1. August 2022 in Kraft.
  • Für Arbeitgeber bedeutet das: Ab August müssen sie mehr Informationen zu den Arbeits- und Vertragsbedingungen an ihre Mitarbeitende aushändigen, als dies bisher der Fall war – und zwar spätestens am ersten Arbeitstag. 
  • Unternehmen, die gegen die Richtlinie verstoßen, müssen mit Bußgeldern in Höhe von bis zu 2.000 Euro rechnen – pro Fall. Bei mehreren Mitarbeitenden kommen schnell sehr hohe Summen zusammen.
  • In unserem Beitrag zeigen wir auf, was sich im Detail ändert, und was Sie als Arbeitgeber nun bis zum 1. August unternehmen müssen.

Aktuell müssen Arbeitgeber in Deutschland ihre Mitarbeitenden über die „wesentlichen Arbeitsbedingungen“ informieren. Dazu gehören unter anderem der Beginn und die Dauer des Arbeitsverhältnisses, der Arbeitsort und die vereinbarte Arbeitszeit, die Gehaltshöhe und der Umfang des jährlichen Urlaubs sowie die Kündigungsfristen. Auch auf etwaige Tarifverträge sowie Betriebsvereinbarungen muss hingewiesen werden.

Wenn jedoch ein Unternehmen es versäumt, die genannten Informationen in den Arbeitsvertrag aufzunehmen, passiert derzeit ... nichts. Richtig, aktuell gibt es keinerlei Sanktionen für die Nichterfüllung der Nachweispflicht. Das soll sich nun ändern: Mit der deutlichen Verschärfung der Arbeitsbedingungen-Richtlinie drohen ab August auch hohe Bußgelder. 

Diese Informationen sind ab August zwingend schriftlich festzuhalten:

  • Name und Anschrift der beteiligten Vertragsparteien
  • Beginn, Dauer und Enddatum des Arbeitsverhältnisses
  • Arbeitszeit inkl. Vereinbarungen zu Ruhezeiten und -pausen; ggf. Voraussetzungen zur Anordnung von Überstunden
  • Im Fall von Schichtarbeit: Details zum Schichtsystem und -rhythmus sowie Voraussetzungen für Schichtänderungen
  • Arbeitsort (ggf. freieWahl des Arbeitsortes durch den Arbeitnehmenden)
  • Dauer der Probezeit, soweit eine vereinbart wurde
  • Informationen zum Verfahren im Falle einer Kündigung; dazu gehören neben der Kündigungsfristen auch die Schriftformerfordernis sowie die Fristen zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage
  • Bezeichnung und Beschreibung der Tätigkeit
  • Ausführliche Informationen zur Höhe und Zusammensetzung des Entgelts; dazu gehören neben des Gehalts auch die Vergütung von Überstunden sowie etwaige Zuschläge, Prämien, Zulagen und sonstige Sonderzahlungen
  • Höhe des Gehalts bei Arbeit auf Abruf und vereinbarter Zeitrahmen sowie Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden
  • Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
  • Hinweis auf Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen
  • Anspruch auf Fortbildungen
  • Bei betrieblicher Altersversorgung über einen Versorgungsträger: Name und Anschrift des Versorgungsträgers (Ausnahme: wenn der Träger selbst dazu verpflichtet ist, diese Information zu liefern)
  • Im Fall von nachträglichen Anpassungen der Vertragsbedingungen, etwa bei einer Gehaltserhöhung: Diese muss spätestens bis zu dem Tag, an dem sie wirksam wird, schriftlich festgehalten werden.

Wichtige ergänzende Hinweise

  1. In Sachen Entgelt müssen Sie nicht nur sämtliche Sonderzahlungen angeben, sondern auch deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung. 
  2. Die Dauer der Probezeit bei befristeten Verträgen muss in einem angemessenen Verhältnis zur Dauer des Vertrags stehen. Unter Umständen muss also die maximal zulässige Probezeit von sechs Monaten individuell gekürzt werden.
  3. Obwohl die zugrundeliegende EU-Richtlinie die elektronische Form zulässt, ist diese in Deutschland ausgeschlossen. Hier gilt weiterhin ein strenges Schriftformerfordernis!

Fristen zur Erfüllung der Nachweispflicht

Nicht nur die Inhalte der Arbeitsbedingungen-Richtlinie werden erweitert – auch die Fristen zur Erfüllung der Pflicht seitens des Arbeitgebers verkürzen sich: Stand bislang ein voller Monat ab Beginn des Arbeitsverhältnisses zur Verfügung, gelten ab dem 1. August folgende Vorgaben:

  • Am ersten Arbeitstag müssen folgende Informationen vorliegen: Name und Anschrift der Vertragsparteien, Höhe und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts, Arbeitszeiten.
  • Alle weiteren Informationen müssen innerhalb von sieben Kalendertagen nachgeliefert werden.

Was passiert, wenn Arbeitgeber es versäumen, die geforderten Infos zu liefern?

Ab August wird es für Unternehmen teuer, wenn ihre Arbeitsverträge nicht den Vorgaben entsprechen. Pro Verstoß (also pro Vertrag, der fehlende Informationen aufweist), setzen die Behörden jeweils ein Bußgeld in Höhe von 2.000 Euro an. Darüber hinaus haben Arbeitnehmende künftig das Recht, ihre Arbeitsleistung zurückzuhalten – ohne den Anspruch auf Vergütung zu verlieren.

Weitere Änderungen

Die Anpassungen der allgemeinen Richtlinie wirken sich auch auf die Regelungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) aus, etwa auf § 13a: Ist ein Zeitarbeitnehmender seit mindestens sechs Monaten bei einem Kundenunternehmen im Einsatz und äußert er in Textform den Wunsch nach dem Abschluss eines Arbeitsvertrages, muss das Einsatzunternehmen innerhalb eines Monats eine begründete Antwort in Textform mitteilen.

Das müssen Sie jetzt tun

  1. Bis zum 1. August ist es nicht mehr lange hin. Überprüfen Sie die von Ihnen verwendeten Musterarbeitsverträge und nehmen Sie bereits jetzt alle nötigen Änderungen vor. So rutscht Ihnen nach dem 1. August nichts durch.
  2. Überprüfen Sie bestehende Arbeitsverträge! Die Änderungen der Richtlinie betreffen diese nämlich auch („Nachunterrichtungspflicht“). Sollten Ihre Arbeitnehmende die Angaben anfordern, müssen Sie diese spätestens am siebten Tag nach der Aufforderung nachliefern.
  3. Sind Sie unsicher, ob Ihre Arbeitsverträge nach der Überarbeitung den neuen Anforderungen entsprechen? Lassen Sie sich von Experten beraten und ziehen Sie eine Fachanwältin bzw. einen Fachanwalt für Arbeitsrecht hinzu.

Hintergrundwissen: Mehr Transparenz durch einheitliche Vorgaben

Um sicherzustellen, dass alle Mitarbeitende in der EU die gleichen Ansprüche auf Informationen rund um ihre Arbeitsverträge haben und transparent informiert werden, hat die Europäische Union am 31. Juli 2019 die Richtlinie 2019/1152 beschlossen – die sogenannte „Arbeitsbedingungen-Richtlinie“. Die Mitgliedsstaaten hatten in der Folge bis zum 1. August 2022 Zeit, die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen. 

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