3 Fragen an Stefan Kramer: KI und Mensch sollten Hand in Hand gehen!
- KI verspricht, repetitive Aufgaben im Recruiting zu automatisieren, die bislang viel Zeit und Nerven kosteten.
- Doch eine Grenze hat KI: Sie wird nie zwischenmenschliche Beziehungen ersetzen können.
- Stefan Kramer, CEO Recruit & Clean bei zvoove, nennt im Vorfeld der anstehenden zCom die wichtigsten Vorteile von KI und Digitalisierung. Dabei betont er, dass der Mensch trotz Automatisierung immer im Vordergrund stehen sollte.
arbeitsblog: Hallo Stefan, welche technologischen Entwicklungen werden das Recruiting und die Personaldienstleistungsbranche in den kommenden Jahren am meisten beeinflussen?
Stefan Kramer: Ich denke, dass Künstliche Intelligenz den größten Einfluss auf unsere Arbeitsweise haben wird. Wir haben so viele repetitive Prozesse in unserer Branche, die großen Aufwand benötigen und viel Zeit fressen – dafür aber vergleichsweise wenig Output generieren. Schauen wir zum Beispiel auf das Bewerbermanagement: Aktuell müssen Recruiter*innen, wenn sie auf eine Stelle 100 passende Kandidat*innen haben, alle einzeln kontaktieren und die Verfügbarkeit abfragen. Genau bei solchen Prozessen kann KI wunderbar unterstützen, indem sie diese Abfrage automatisiert und von alleine abwickelt. Recruiter*innen müssen sich dadurch weniger um administrative Aufgaben kümmern, sondern können ihre Zeit für ihr Kerngeschäft nutzen, etwa für Jobinterviews oder die Abstimmung mit Kundenunternehmen.
arbeitsblog: Wo siehst du Grenzen, die es auf dem Gebiet gibt? Und wie können Recruiter*innen digitale Tools so einsetzen, dass sie den Bewerbungsprozess nicht nur effizienter, sondern auch menschlicher gestalten?
Stefan Kramer: KI kann uns heute schon viel abnehmen – ganz zu schweigen von dem, was in Zukunft möglich sein wird. Doch eine Grenze sehe ich, die unabhängig des technologischen Fortschritts existiert: Menschen brauchen zwischenmenschlichen Kontakt. Das liegt einfach in unserer Natur. Nur im direkten Kontakt merken wir, ob die Chemie stimmt. Der Recruiting-Bereich eines Unternehmens kann noch so digital aufgestellt sein und alles automatisiert abwickeln – Vertrauen zwischen Arbeitnehmer*in und -geber*in kann nur im persönlichen Kontakt entstehen. An dieser Stelle geraten KI und Automatisierung an eine natürliche Grenze.
Ein Beispiel verdeutlicht Nutzen und Grenzen von KI: Bewirbt sich eine Person am Wochenende bei einem Unternehmen, kann ein Chatbot die Bewerbung direkt vorqualifizieren, also fehlende Unterlagen einfordern, offene Fragen stellen und bei einem Match einen potenziellen Kennenlerntermin ausmachen. Die Person fühlt sich direkt wertgeschätzt, weil sie nicht mehrere Tage oder gar Wochen auf eine Antwort warten muss, und geht mit einer positiven Einstellung in das Vorstellungsgespräch. Das Interview wird dann wiederum von Mensch zu Mensch geführt.
arbeitsblog: Das klingt nach einer sehr interessanten Herangehensweise und passt gut zur nächsten Frage: Auf welche zentralen Punkte sollten sich Personaldienstleister deiner Meinung nach in den kommenden fünf Jahren fokussieren, um in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein?
Stefan Kramer: In meinen Augen gibt es dabei drei wesentliche Aspekte, auf die sich Unternehmen konzentrieren sollten:
- Sie sollten weiterhin großen Wert auf die Menschen legen, diese werden auch in Zukunft der Schlüssel sein. Menschen interagieren am liebsten mit anderen Menschen. Sie sind sowohl das Gesicht zum Bewerbenden als auch zur Kundenseite. Der Mensch darf also nicht von der Bildfläche verschwinden. KI sollte nur dazu dienen, die Arbeit zu vereinfachen.
- Offenheit gegenüber der Digitalisierung ist ein weiterer wichtiger Punkt. Ich merke häufig, dass sich viele Unternehmen noch nicht trauen, das Thema weiterzudenken beziehungsweise ihre alten Arbeitsweisen zu hinterfragen. Doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Innovation kann nur vorangetrieben werden, wenn man offen für Neues und bereit ist, Zeit und häufig auch Geld in solche Prozesse zu investieren.
- Nicht zu vernachlässigen ist außerdem eine klare und deutliche Positionierung als Arbeitgebermarke. Der Wettbewerb auf dem Markt wird immer größer. Wer sich nicht die Fragen stellt, was das eigene Unternehmen besonders macht und von der Konkurrenz abhebt, könnte auf lange Sicht von der Konkurrenz überholt werden. Bewerber*innen werden schließlich von Unternehmen angezogen, die sich in der Öffentlichkeit als guter Arbeitgeber positionieren und darauf achten, wie sie regional oder auch überregional gesehen werden.
arbeitsblog: Vielen Dank für das Gespräch, Stefan!